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Wer will, der darf?

Welche Asylbewerber dürfen arbeiten? Wo ergeben sich Probleme?

Schon am 1. Mai betonte Landrat Wolfgang Berthaler auf einer Gewerkschaftsveranstaltung, wie wichtig es sei, dass speziell die jungen Asylbewerber Arbeit fänden. Die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt in unserer Region ist da, sowohl für Tätigkeiten mit geringer Qualifikation als auch für Auszubildende. Ebenso ist eine große Zahl von Asylbewerbern an der Aufnahme einer Arbeit oder Ausbildung stark interessiert.

Bereits nach drei Monaten kann Arbeit beantragt werden, wenn ein Arbeitgeber gefunden wird und kein Deutscher diese Arbeit machen kann. Nach 15 Monaten ist jede Arbeit möglich, allerdings muss der Arbeitgeber den gleichen Lohn wie bei einem deutschen Arbeitnehmer zahlen. Eine Ausbildung ist grundsätzlich möglich, hier ist die deutsche Sprache aber eine unbedingte Voraussetzung. Dort liegt eines der Probleme bei der Vermittlung, so Jakob Grau, stellvertretender Leiter der Rosenheimer Arbeitsagentur. Erst wenn die Sprache als Grundlage vorhanden sei, könne die Agentur vermittlerisch wirken. Zuerst müssen entsprechende Sprachkurse belegt werden. Hierfür seien die Strukturen bei den jungen Asylbewerbern gut ausgelegt. Probleme ergeben sich bei nicht anerkannten älteren Asylbewerbern. Hier sollten seinem Wunsch nach die Prozesse beschleunigt werden. Von den Arbeitgebern, die zunehmend auch Bereitschaft zeigen, Asylbewerber auch in Ausbildung zu nehmen, würden die Vorgaben in etwa 90 Prozent der Fälle erfüllt. In der Regel werde eine Anfrage also positiv entschieden. Für Grau sind generell nicht die Regelungen problematisch, sondern die lange Bearbeitungszeit. Durch die große Masse an Flüchtlingen sind die Kapazitäten der Behörden derzeit schlicht gebunden. Auf die Frage, ob denn ein Asylbewerber, der Arbeit gefunden hat, eventuell kurzfristig seinen Aufenthaltsort ändern müsse, verweist Jakob Grau auf den Austausch, der zwischen Ausländerbehörde und Arbeitsagenturen stattfindet. Ein plötzlicher Aufenthaltswechsel sei in diesen Fällen fast ausgeschlossen. Auch die vielen ehrenamtlichen Organisationen seien in dieses Netzwerk eingebunden.
Die Leiterin der Rosenheimer Arbeitsagentur, Dr. Nicole Cujai, anlässlich eines Gesprächs mit Bundes- und Landtagsabgeordneten des Agenturbezirks: „Wir sind mit allen Landkreisen im Gespräch. Hauptgesichtspunkt dabei ist: Wie schaffen wir es, den Arbeitsmarktzugang zu verbessern und zu kanalisieren. Zurzeit sind das Nadelöhr die fehlenden, beziehungsweise ausgebuchten Deutschkurse, denn die Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Die Arbeitsaufnahme für die Asylbewerber wurde zwar erleichtert – sie ist nun bereits nach drei Monaten möglich – aber es ist eine sogenannte Vorrangprüfung durchzuführen. Das heißt, die Agentur für Arbeit, beziehungsweise die Jobcenter müssen eine Stellungnahme abgeben, ob für diese spezielle Arbeitsstelle bevorrechtigte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Diese Vorrangprüfung ist auch bei 450-Euro-Jobs und bei Praktika durchzuführen. Ebenso müssen die konkreten Arbeitsbedingungen, zum Beispiel ob der Mindestlohn gezahlt wird, geprüft werden. Erst ab dem 16. Monat ist keine Vorrangprüfung mehr erforderlich. Gerade im Hinblick auf den Arbeitsmarktzugang werden wir mit verschiedenen Partnern, unter anderem den Ausländerbehörden, Gespräche führen. Ebenso ist im Hinblick auf die hohe Zahl an unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlingen ein Austausch mit den Jugendämtern und den Berufsschulen geplant.“
Dr. Manuel Diller, Leiter der Abteilung für kommunale und soziale Angelegenheiten im Landratsamt Rosenheim: „Die Wirtschaft wartet einerseits auf diese Jugendlichen als potentielle Auszubildende, aber auch hier ist eine Einzelfallbetrachtung sinnvoll und notwendig, denn der Leistungs- und Wissensstand ist sehr unterschiedlich. Er reicht vom Analphabetentum bis zum Besuch einer höheren Schule. Außerdem spielt die körperliche Verfassung, die Verarbeitung der Begegnung mit einer neuen Kultur und der Erlebnisse der Flucht eine große Bedeutung. Nur wenn alle Faktoren berücksichtigt werden, ist ein erfolgreicher Einstieg ins Berufsleben möglich!“
Komplizierte rechtliche Sachverhalte, ein anhaltend großer Zustrom von Flüchtlingen und die zunehmende Belastung von Ämtern, Behörden und Helfern versprechen, dass dieses Thema noch längere Zeit aktuell bleiben wird.  nu

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