Ein unglaublicher Lernort
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Ein unglaublicher Lernort

Landkreis Rosenheim und Beer Sheva feiern ihre Partnerschaft mit einem Besuch in Israel

Menschen in der Wüste pflegen seit Jahrtausenden eine große Gastfreundschaft. Das erfuhr jetzt auch eine Landkreis-Delegation unter Leitung von Landrat Wolfgang Berthaler in Beer Sheva in Israel. Seit 35 Jahren pflegen beide Seiten eine Partnerschaft, die – da waren sich alle einig – eine großartige Zukunft haben soll.

Bei einem Empfang im Rathaus der am Rande der Negev-Wüste gelegenen 230 000 Einwohner zählenden Stadt sagte Berthaler, „das Wissen unserer Kinder wird unsere Zukunft sein und hier in Beer Sheva können sie viel lernen. Israel ist ein unglaublicher Lernort.“ Der Landrat beschränkte das nicht nur auf das Kennenlernen eines neuen Landes sowie der jüdischen Geschichte: „Sie erfahren, wie es sich unter völlig anderen Lebensumständen am Rande einer Wüste leben lässt und sie erleben, wie eine Gesellschaft funktioniert, deren Mitglieder aus der ganzen Welt hierhergekommen sind.“
Beer Shevas Vizebürgermeister Tal Elal betonte die Bedeutung einer solchen Partnerschaft vor dem Hintergrund aktueller politischer Entwicklungen: „Gerade jetzt, wo die Rechten überall in der Welt im Aufwind sind, ist das, was wir machen die beste Antwort. Wir müssen weitermachen und den Politikern zeigen, wie eine bessere Welt geht.“ Einen Besuch im Landkreis Rosenheim vor sieben Jahren hat Tal Elal in guter Erinnerung behalten: „Ich konnte die Liebe, die mir so wichtig ist, zwischen den Menschen sehen und merken.“ Stolz ist der Vizebürgermeister auf die Entwicklung von Beer Sheva: „Ich habe das Glück zu sehen, wie diese kleine Stadt zu einer Metropole wird.“ Ganz konkrete Auswirkungen einer solchen langjährigen Partnerschaft sprach David Sad von der IsraelischIsraelisch-Deutschen-Gesellschaft an: „Die Freundschaft zwischen den Jugendlichen, die sich in der Anfangszeit des Jugendaustausches kennenlernten, ist so gut, dass es heute noch Kontakte zwischen Familien gibt. Und während des Golfkrieges 1990 riefen Familien aus dem Landkreis Rosenheim an und sagten, kommt zu uns, wenn ihr flüchten müsst. Da hat man die Freundschaft wirklich gemerkt.“ David Sad ist überzeugt davon, dass die Partnerschaft auch nach 35 Jahren eine große Zukunft hat, denn „unser Kontakt wird immer besser“.
Landrat Wolfgang Berthaler schlug vor, die Partnerschaft über den Jugendaustausch hinaus auszubauen. Zudem lud er zum Gegenbesuch in den Landkreis Rosenheim ein. Begleitet wurde der Landrat in Israel von Vertretern der Kreistagsfraktionen sowie von einigen Bürgermeistern. Gemeinsam besuchten sie ein Einwanderungszentrum. Israel heißt die Menschen, die im Land leben und arbeiten wollen, herzlich willkommen. Für Juden gibt es sogar ein gesetzlich fest-geschriebenes Recht, nach Israel einzureisen.
Wie in Deutschland auch, wird die Sprache als Schlüssel zur Integration angesehen. Aus diesem Grund wird jedem Einwanderer angeboten, hebräisch zu lernen. Jeder kann in den ersten fünf Monaten im Land an 500 Unterrichtsstunden teilnehmen. Zudem gibt es von staatlicher Seite eine Wohnung und eine kleine finanzielle Unterstützung. Nach den fünf Monaten muss jeder Einwanderer für sich selbst sorgen. Wer von ihnen den Sprachunterricht zunächst ablehnt und sofort arbeiten will, muss ihn später aus eigener Tasche bezahlen.
Bei dem Besuch in dem Einwanderungszentrum wurde auch deutlich, dass die kulturellen Unterschiede der Einwanderer als Bereicherung angesehen werden. Dieses gewünschte „bunte Bild der Gesellschaft“ stößt aber auch an Grenzen, beispielsweise wenn Frauen unterdrückt oder Kinder geschlagen werden. Eine Obergrenze kennt Israel bei der Einwanderung nicht. Wenn mehr kommen, werden Container aufgestellt. Die Stadt Beer Sheva nimmt jährlich rund 1000 Einwanderer auf.

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