„Der Spagat ist allgegenwärtig“
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„Der Spagat ist allgegenwärtig“

Interview mit dem Landtagsabgeordneten Klaus Stöttner

Auch für Klaus Stöttner, Abgeordneter zum Bayerischen Landtag und Tourismuspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion der CSU, hat sich der Alltag durch die Corona-Pandemie entschieden verändert. Am Rande des Spatenstichs zum Neubau der Wendelstein Werkstätten im Rosenheimer Gewerbegebiet am Oberfeld berichtet er von einem übervollen Terminkalender und sehr vielen Anliegen und Sorgen der Bürgerinnen und Bürger sowie natürlich der Gewerbetreibenden, die an ihn herangetragen werden. Dennoch nahm er sich die Zeit für ein Interview mit der echo-Wochenzeitung.

Vor einem Jahr begann bei uns, Corona das beherrschende Thema zu werden, am 22. März begann der erste Lockdown. Hätten Sie damals gedacht, dass die Pandemie uns jetzt noch immer beherrscht?
„Die Vorahnung, dass uns das Corona-Virus eine längere Zeit beschäftigen würde, hatte ich schon. Dennoch ist es klar, dass jeder sich erhofft hatte, dass wir, ähnlich wie bei der Schweinegrippe, glimpflich davonkommen. Vor allem die Virus-Mutationen machen es uns derzeitig schwer. Die Mutationen, die zuerst in Großbritannien und in Südafrika entdeckt wurden, sind der Grund, wieso sich die Zahlen – nicht vergleichbar wie im Frühjahr 2020 – auf nahe Null drücken lassen. Leider werden wir auch noch in diesem Jahr alle Hände voll zu tun haben mit Covid-19, dennoch stimmen uns die Berichte und Daten aus Israel zuversichtlich, dass mit der einhergehenden Impfung der Bevölkerung die Fallzahlen nachhaltig runtergehen werden und man die Restriktionen wieder auf ein Minimum herunter fahren kann.“
Die Wirtschaft, im Speziellen Einzelhandel, Gastronomie und Veranstaltungsbereich, ächzen und fordern die baldige Beendigung des Lockdowns. Wie erleben Sie als Landtagsabgeordneter den Spagat in Parlament und Kabinett zwischen dem Wunsch, die Wirtschaft wieder komplett „von der Leine“ zu lassen und der Angst, durch vielleicht verfrühte Lockerungen auf eine neue, dritte Welle zuzusteuern?
„Der Spagat ist allgegenwärtig. Als Abgeordneter und besonders als Wirtschafts- und Tourismuspolitiker muss man natürlich alle Aspekte begutachten und gut abwägen. Einerseits geht es um das Leben unserer Bürgerinnen und Bürger, andererseits geht es um Existenzen, die durch die Schließungen und die strengen Restriktionen auf der Kippe stehen. Dennoch ist der Lockdown ein „nötiges Übel“, um die Gesundheit unserer Bevölkerung nicht aufs Spiel zu setzen. Das wichtigste ist die Aufrechterhaltung unseres Gesundheitssystems. Um einen dritten Lockdown zu vermeiden ist es also von elementarer Bedeutung, nicht leichtsinnig und vorschnell zu handeln, sondern mit Weitsicht und Umsicht zu agieren. Es muss unser Anspruch sein, die Wirtschaft langsam wieder zu öffnen, aber wir wollen nachhaltige Öffnungen. Es kann nicht das Ziel sein, so schnell wie möglich die Wirtschaft zu öffnen, um dann auf Grund von exponentiell steigenden Infektionszahlen eine erneute Vollbremsung hinlegen zu müssen, welche weitreichende Schließungen und Restriktionen nach sich zieht.“

Die Bürgerinnen und Bürger vermissen ihre Bewegungsfreiheit und auch hier werden die Forderungen nach Lockerung lauter. Wie bekommen Sie die Stimmungslage mit, was sagen Sie den Bürgerinnen und Bürgern?
„Die Stimmungslage ist natürlich sehr heterogen. Manchen gehen die Maßnahmen nicht weit genug, manche finden sie genau richtig und wieder andere fordern die komplette Öffnung der Wirtschaft ohne jegliche Restriktionen. Ich erhalte oft E-Mails oder Briefpost, in denen mir die Lagen geschildert werden. Man muss aber auch klar sagen, dass Deutschland vor allem wegen den getroffenen Maßnahmen vergleichsweise gut dasteht. Ohne Restriktionen und Einschränkungen wäre die Lage um einiges schlimmer. Die Einschränkung der Bewegungsfreiheit war in der Vergangenheit ein wichtiger Baustein, um der Verbreitung der Corona-Infektionen Einhalt zu gebieten, andererseits kann man diese nur in sehr außergewöhnlichen Situationen auch durchsetzen. Es ist natürlich nicht das Ziel der Politik, den Bürgerinnen und Bürgern solch hohe Restriktionen aufzuerlegen, aber vor allem in dieser schwierigen Zeit war eine zeitweise Einschränkung der Bewegungsfreiheit gut begründet und auch zielführend bei der Senkung der Corona-Infektionszahlen.“

Wenn die Pandemie überstanden ist, was sollten wir tun, um auf eine ähnliche Situation besser vorbereitet zu sein?
„Für die Zukunft werden wir mit Sicherheit besser vorbereitet sein. Die anfänglichen Schwierigkeiten, insbesondere während der ersten Welle, bezüglich der Beschaffung von Masken und weiterer medizinischen Ausstattungen haben uns die Abhängigkeit von anderen Ländern aufgezeigt. Dies wird in Zukunft besser laufen. Auch die neue Technologie der mRNA-Impfstoffe lässt neue Hoffnungen zu, dass auch gegen andere Krankheiten zuverlässige Impfstoffe hergestellt werden können. Wir sollten mit Hochdruck an der Digitalisierung weiterarbeiten. Wir haben gesehen, dass wir noch an vielem arbeiten müssen, damit beispielsweise auch unsere Schulen komplett digital unterwegs sind. Die Regierung hat bereits mit einer Digitalisierungsoffensive den Grundstein gelegt. Das Geld steht zur Verfügung und muss von den Schulen abgerufen werden.“

Wie holen Sie sich persönlich Kraft in dieser Zeit, was sind Ihre Lichtblicke?
„Corona zerrt an den Nerven von jedem, das ist unübersehbar. Lichtblicke sind für mich, wenn ich für unsere Bürgerinnen und Bürger, vor allem auch für Unternehmen und hier besonders den Einzelhandel, etwas erreichen konnte. Ich unterstütze, wo ich kann und freue mich, wenn sich die Dinge zum Positiven drehen. Besonders freue ich mich auch auf ein Treffen mit Freunden im Biergarten.“
nu

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