Schnittpunkte und Gemeinsamkeiten
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Schnittpunkte und Gemeinsamkeiten

Leonhard Meixner hat am 20. Oktober die Leitung für das Sachgebiet „Volksmusikpflege“ am Zentrum für Volksmusik, Literatur und Popularmusik (ZeMuLi) des Bezirks Oberbayern in Bruckmühl übernommen. Seit 2010 war er dort bereits als freier Mitarbeiter tätig. Leonhard Meixner aus Bruckmühl ist 33 Jahre alt. Er hat seine musikalische Ausbildung an der Berufsfachschule für Musik Altötting erhalten. An der Hochschule für Musik in Nürnberg hat er zudem ein Diplom als Musikpädagoge erworben. Meixner war unter anderem Lehrkraft an der Musikschule Rosenheim. Von 2006 bis 2018 war er Mitglied bei der Musikgruppe „Die Cubaboarischen“; seit 2018 ist er Leiter des Projekts „Cubaboarisch 2.0“.
Im Interview stellen wir Leonhard Meixner vor.

Sie sind als ehemaliges Mitglied der „Cubaboarischen“ und als Leiter Ihres aktuellen Projekts „Cubaboarisch 2.0“ überregional bekannt. Was reizt Sie an der Stelle als Volksmusikpfleger des Bezirks Oberbayern?

„Ich bin seit meiner Kindheit mit traditioneller Volksmusik verbunden.
Schon im Kinderchor durfte ich bei der Kinderlieder-CD „Beim Bimperlwirt, beim Bamperlwirt“ vom Volksmusikarchiv mitsingen. Volksmusik war auch der Grund, warum ich Musiker werden wollte. Ich liebe den überlieferten Volksgesang, Ziachmusi, Tanzlmusi und Zithermusi. Mit dem Volksmusikarchiv bin ich seit Langem eng verbunden. Bei vielen Veranstaltungen und Tonaufnahmen durfte ich als Sänger und Musiker mitwirken. Durch meine Mitarbeit im VMA und jetzigen Zentrum für Volksmusik, Literatur und Popularmusik konnte ich mir einen guten Überblick über die Bestände und Sammlungen verschaffen und die Arbeit des Volksmusikpflegers kennenlernen. Meine Heimat Oberbayern, die Volksmusik, der Dialekt, das Brauchtum, die Tracht: Das ist meine Identität. Für mich ist diese Position nicht Beruf, sondern Berufung.“

Sie waren bereits freier Mitarbeiter am ZeMuLi. Was haben Sie dort gemacht und inwiefern helfen Ihnen diese Vorerfahrungen bei Ihrer neuen Aufgabe?

„Ich war viele Jahre freier Mitarbeiter und durfte mich in vielen Bereichen einbringen. Unter anderem habe ich den Bestand der Tonaufnahmen im Volksmusikarchiv verwaltet, in der Urheberrechtsdokumentation mitgearbeitet und Arrangements für kleine Blasmusikbesetzungen, Blechbläser und Chorsätze erstellt.

Dadurch kenne ich das Haus sehr gut, was mir in meiner neuen Aufgabe sehr hilft.“

Wie ist Ihre neue Funktion mit Ihren musikalischen Aktivitäten zeitlich und organisatorisch vereinbar?

„Natürlich geht es mir darum, meine Aufgabe als Volksmusikpfleger mit ganzem Herzen zu erfüllen, denn ich liebe Musik und ganz besonders unsere oberbayerische Volksmusik. Gleichzeitig ist mir meine Tätigkeit als Musiker und Sänger wichtig. Dafür möchte ich auch Zeit finden. Eine gute Vorausplanung ist das A und O.“

Die Volksmusik teilt sich seit einigen Jahren in traditionelle und neue Volksmusik. Wo schlägt Ihr musikalisches Herz – in Altbayern bei der traditionellen Musik oder in Kuba bei Mambo, Son und Salsa?

„Dazu muss ich sagen, dass der Begriff „neue Volksmusik“ irreführend ist. Diese Einteilung wird zwar oft zur Unterscheidung traditioneller und moderner Stile verwendet, ist aber meiner Meinung nach nicht hilfreich. Die überlieferte Volksmusik mit ihrem historischen Hintergrund ist das, was wir als kulturelles Erbe schätzen und bewahren müssen. Diese „echte“ Volksmusik als authentisches, unverfälschtes Kulturgut wird auch immer als solche bestehen. Und mein Herz schlägt natürlich hier in meiner Heimat Oberbayern. Durch meine Reisen in andere Länder und Musikrichtungen wurde mir aber auch bewusst, wie wertvoll unsere oberbayerischen Musiktraditionen und deren Pflege sind. Und auf Kuba habe ich natürlich die überaus lebensfreudige Musik erlebt und auch dafür eine Leidenschaft entwickelt. Traditionelle und neue Volksmusik müssen ja kein Gegensatz sein.“

Wie vereinen Sie die beiden Richtungen?

„Selbstverständlich ist es kein Widerspruch, nicht nur die überlieferte Volksmusik zu pflegen, sondern als Musiker auch in anderen Musikrichtungen zu wirken. Wir leben in einer globalisierten, gut vernetzten Welt. Durch Internet und Social Media hat jeder Zugang zu einer Fülle von Musikrichtungen und -stilen. Dies beeinflusst natürlich die musikalische Entwicklung junger Musikantinnen und Musikanten.“

Sie sind in Bruckmühl mit traditioneller Volksmusik aufgewachsen. Wie wollen Sie diese bewahren?

„Vorbilder wie der Kiem Pauli und Wastl Fanderl haben es vorgemacht, dass es nicht nur wichtig ist, zu sammeln und zu forschen, sondern auch den Menschen die Lieder und Melodien nahe zu bringen. Für mich ist es ganz wichtig, in Kontakt mit der Volksmusikszene zu bleiben und altes und wiederentdecktes Liedgut den Menschen zugänglich zu machen.“

Die Volksmusikpfleger des Bezirks Oberbayern waren bisher viel draußen unterwegs und haben Menschen auf Marktplätzen und in Wirtshäusern zum Singen gebracht.

„Das sind natürlich große Fußstapfen, in die ich trete. Ich konnte bei einigen Fahrten und offenen Singen bei Ernst Schusser dabei sein. Seine Hingabe und Leistungsbereitschaft waren enorm. Ich werde auch neue Wege gehen, die Menschen zu erreichen. Soziale Medien können dabei helfen. Das Miteinandersingen und Musizieren sind mir große Anliegen. Ich möchte alle Volksmusikinteressierten erreichen.“

Seit Juni 2021 sind im ZeMuLi in Bruckmühl Volksmusik, Literatur und Popularmusik vereint. Welche Chancen bietet das für die Volksmusikpflege?

„Ich finde es zum Beispiel sehr vorteilhaft, die Popularmusik mit im Haus in Bruckmühl zu haben. Es gibt da viele Schnittpunkte und Gemeinsamkeiten. Hier kann man fachübergreifend gemeinsame Projekte verwirklichen. Und das Archiv für regionale Musikkultur und Literatur bildet die Basis der Volksmusikpflege. Alte Handschriften, Sammlungen und Liederaufzeichnungen sowie alle Fachliteratur: Hier findet zwischen Pflege und Archiv ein reger Austausch statt. Ich bin sehr froh, dass wir in Bruckmühl ein so großes Archiv haben.“

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