Lichtverschmutzung nimmt weltweit immer mehr zu, doch es kann etwas getan werden
Lichterketten an Fenstern und Türen sowie fantasievolle Leuchtfiguren im Außenbereich: Auch heuer strahlte Weihnachten im Lichterglanz. Das alles ist nur ein kleiner Baustein der zunehmenden sogenannten Lichtverschmutzung, die weltweit immer mehr zunimmt. Unsere Nächte werden immer heller. In Europa etwa um fünf bis sechs Prozent pro Jahr. Früher diente Licht nur der Wege- und Straßenbeleuchtung. Doch heute wird es in immer größerem Umfang bei Freizeitaktivitäten, als Werbe- oder auch reine Zierbeleuchtung genutzt.
Dabei hat diese massive „Aufrüstung“ nachhaltige Auswirkungen auf unser aller Leben und die Natur. Und darauf will das Projekt „Paten der Nacht“, vor über einem halben Jahr vom Rimstinger- Diplom Ingenieur und Physiker Manuel Philipp initiert, aufmerksam machen.
Auf das Thema gestoßen ist Manuel Philipp eigentlich eher zufällig. Der begeisterte Astronom organisiert Sternführungen für interessierte Laien. Bei einem Vorbereitungstermin auf der Winklmoosalm, von der man die „Lichtglocken“ großer Städte weithin sehen konnte, wurde die Idee geboren, dieses besonders schöne Gebiet als „Sternenpark“ zertifizieren zu lassen. Ziel war es, die natürliche Dunkelheit der außergewöhnlichen Naturlandschaft zu bewahren und als wertvolles Gut und Kulturgut zu schützen. Die Schönheit des Sternenhimmels bleibt ebenso erhalten wie der Lebensraum für viele tag- und vor allem nachtaktive Tiere. Mit viel Engagement arbeitete Philipp dabei mit, alle Beteiligten, Bewohner, Almbauern und Gastronomen von dem Vorhaben zu überzeugen und dann die Gebäude auf entsprechend sternenparkkonforme Beleuchtung umzurüsten. Die sehr strengen Anforderungen der International Dark Sky Association (IDA) konnten erfüllt werden; im Mai 2018 erhielt die Winklmoosalm als erster Sternenpark in den Alpen und als vierter in ganz Deutschland die offizielle Anerkennung.
Nach diesem Erfolg arbeitete sich Manuel Philipp immer tiefer in das Thema Lichtverschmutzung ein. Gemeinsam mit einigen ehrenamtlichen Mitarbeitern brachte er das Projekt „Paten der Nacht“ auf den Weg. Ziel ist es, umfassend und allgemein verständlich über die Ursachen und Folgen der Lichtverschmutzung aufzuklären und Mitstreiter für die Sache zu finden. „Leider ist sehr vielen Bürgerinnen und Bürgern diese Problematik noch nicht bewusst“, bedauert Philipp und erklärt:
„Der aus unseren Städten, Dörfern und Industriegebieten (direkt oder indirekt durch Reflexionen) in den Himmel abgestrahlte Lichtmüll ,reagiert‘ mit unserer Erdatmosphäre.
Das Licht wird dort oben nämlich an die Partikel der Luft gestreut und wieder nach unten reflektiert. Und zwar umso intensiver, je mehr Blauanteile in ihm stecken. So bilden sich die riesigen diffusen Lichtglocken über besiedelten Gebieten. Dort ist es teilweise über 4000 Prozent heller im Vergleich zum natürlich dunklen Nachthimmel. Hunderte Kilometer weit leuchten diese Lichtglocken und erhellen selbst dort die Nacht, wo es eigentlich noch dunkel wäre.“ Die exzessive Nutzung von Licht, so Philipp, verschlinge nicht nur riesige Mengen an Energie. Auch das Leben von Menschen, Pflanzen und Tieren gerate dadurch immer mehr aus dem Takt. Der menschliche Schlafrhythmus werde durch nächtliche Lichtverschmutzung gestört, nachtaktive Lebewesen würden in ihren Aktivitäten, wie Futtersuche, Bestäubung oder Fortpflanzung gestört und auch bei Pflanzen könne sich der Vegetationsrhythmus verschieben.
Erkannt hat das auch schon der bayerische Gesetzgeber. Seit 1. August letzten Jahres gelten im Freistaat zwei neue Regelungen, die die Lichtverschmutzung eindämmen sollen. Artikel 15 des Bayerischen Immissionsschutzgesetzes legt fest: „Nach 23 Uhr und bis zur Morgendämmerung ist es verboten, die Fassaden baulicher Anlagen der öffentlichen Hand zu beleuchten, soweit das nicht aus Gründen der öffentlichen Sicherheit erforderlich oder durch oder auf Grund Rechtsvorschrift vorgeschrieben ist.“ Und darüber hinaus: „ Im Außenbereich nach § 35 des Baugesetzbuchs sind beleuchtete oder lichtemittierende Werbeanlagen verboten.“ Die Gemeinde kann hier Ausnahmen erlassen.“
Und Artikel 11a im Bayerischen Naturschutzgesetz soll die Eingriffe in die Insektenfauna durch künstliche Beleuchtung eindämmen. Hier heißt es unter anderem: „Beim Aufstellen von Beleuchtungsanlagen im Außenbereich müssen die Auswirkungen auf die Insektenfauna, insbesondere deren Beeinträchtigung und Schädigung, überprüft und die Ziele des Artenschutzes berücksichtigt werden. Beleuchtungen in unmittelbarer Nähe von geschützten Landschaftsbestandteilen und Biotopen sind nur in Ausnahmefällen von der zuständigen Behörde oder mit deren Einvernehmen zu genehmigen.“
Rosenheim ist aktiv
In Rosenheim ist man bereits mit „Lichtverschmutzung“ befasst. Christian Schwalm, stellvertretender Pressesprecher der Stadt: „Die den Immissionsschutz betreffenden neuen Vorschriften der Art. 11a Bayerisches Naturschutzgesetz (BayNatSchG) sowie Art. 15 Bayerisches Immissi-onsschutzgesetz (BayImSchG) werden vom Ordnungsamt als Immissionsschutzbehörde in der Stadt Rosenheim vollzogen. Im Einzelfall kann auch eine Beteiligung des Umwelt- und Grünflächenamtes als untere Naturschutzbehörde notwendig sein. Bei der Stadt ist bisher ein Hinweis zur nächtlichen Beleuchtung von Kirchen eingegangen. Daraufhin wurden die Kirchenverwaltungen angeschrieben und über die neuen Regelungen informiert.“ Auch die Stadtwerke Rosenheim, so Christian Schwalm, haben das Thema auf dem Schirm: „Die Lichtfarbe der von den Stadtwerken eingesetzten LED-Leuchten wurde in 2019 auf 3 000 K um-
gestellt, LED-Leuchten mit 4 000 K werden in Wohngebieten sukzessive in den Nachtstunden um 50 Prozent gedimmt. Überdies sind die Leuchten in der Regel waagrecht ausgerichtet und haben keine Abstrahlung nach oben. Die Stadtwerke beleuchten die Straßen nach der empfohlenen DIN13201; die Lichtklassen werden so gewählt, dass ausreichend Lichtmenge auf die entsprechende Straße fällt, diese aber so gering wie möglich ist.“
Rückmeldung
Manuel Philipp hat in den letzten Monaten viel positive Rückmeldung für sein Projekt „Paten der Nacht“ bekommen. Bei unzähligen Unternehmen, Gemeinden, öffentliche Einrichtungen, Vereine aber auch Privatpersonen hat ein Umdenken eingesetzt. Sie alle haben ihr Verhalten geändert, ihre Beleuchtungsanlagen umgerüstet oder ihre Nutzungsdauer begrenzt. Auf der Internetseite paten-der-nacht.de findet sich eine stetig wachsende Anzahl an Unterstützern und Umrüstern. „Ein jeder von uns kann mit einfachen Mitteln etwas dazu beitragen, gerade beim Außenlicht“, so Manuel Philipp. Es gelte dabei, die Beleuchtung nur auf einige Punkte zu überprüfen: Bevorzugt werden sollte möglichst gelbes Licht, die Richtung sollte nur nach unten sein. Mit einem geschirmten Gehäuse kann Streulicht nach oben und zur Seite vermieden werden. Bei der Intensität sollte man möglichst geringe Lumenwerte nutzen und größere Bodenflächen besser mit mehreren schwachen, anstelle eine sehr starken Lichtquelle ausleuchten.
Ausführliche Informationen zur Lichtverschmutzung und wertvolle Tipps und die Möglichkeit, Flyer zu bestellen findet man online unter www.paten-der-nacht.de
ff