Die Suche in mehr als 100 Obstgärten zwischen Berchtesgaden und Weilheim hat sich gelohnt. Die Fachleute entdeckten weitere rund 100 unbekannte oder besonders seltene Apfel- und Birnensorten. Um sie für die Zukunft zu sichern, wurden sie bereits mithilfe von Reisern vermehrt.
Ab Herbst kommenden Jahres werden sie zusammen mit weiteren 150 schon im Vorjahr nachgezogenen Sorten in Sortenerhaltungsgärten in allen Landkreisen angepflanzt.
Wie schon in den Jahren 2015 bis 2018 war der Pomologe Georg Loferer im Herbst vergangenen Jahres in den Voralpenlandkreisen unterwegs. Die Ergebnisse seiner Kartierung stellte er jetzt vor. Rund 250 Bäume hatte er in den mehr als 100 Obstgärten erfasst. Früchte, deren Sorten Loferer nicht vor Ort bestimmen konnte, wurden am Kompetenzzentrum Obstbau am Bodensee (KOB) von den Pomologen Hans-Thomas Bosch und Fritz Eckhart unter die Lupe genommen und konnten teils als sehr seltene Sorten wie etwa „Börtlinger Weinapfel“ oder „Langer grüner Gulderling“ erkannt werden.
Bei einigen der vorgelegten Sorten waren aber auch die Spezialisten am KOB ratlos. Deshalb wurden Blattproben an ein Schweizer Labor gesandt, um mithilfe genetischer Fingerprints den Sorten auf die Spur zu kommen. Doch auch mit dieser Methode blieben viele Sorten unerkannt, weil sie nicht in den Gendatenbanken erfasst sind. Dies gilt vor allem für Birnensorten, zumeist Wirtschaftsbirnen. Diese Sorten sind zum Frischverzehr wenig geeignet, deshalb wurden sie zur Herstellung von Birnenbrand und Kletzn verwendet. Erschwerend kommt hinzu, dass Wissen verloren geht. Eva Bichler-Öttl, die Projektmanagerin des Biodiversitätsprojektes „Apfel-Birne-Berge“, bedauert dies: „Die Sortenvielfalt in den Obstgärten ist immer noch groß und noch sind längst nicht alle Schätze geborgen. Was verloren geht, ist das Wissen um die Sorten.“
Weitere Kartierungen vor Ort sind nach Angaben von Georg Loferer im Moment nicht vorgesehen. Auch er geht davon aus, dass noch viele vergessene Sorten in den Obstgärten in der Region schlummern. Eine Möglichkeit, solche Raritäten zu finden, besteht am 22. November. Im Boschnhaus im Bruckmühler Ortsteil Vagen können Fruchtproben zur Bestimmung vorgelegt werden. Eine Fruchtprobe besteht aus fünf bis zehn einwandfreien Früchten aus der Oberkrone. Die Äpfel oder Birnen müssen bis zu diesem Termin kühl und luftfeucht gelagert werden.
Früchte, die nicht so lange halten, können per Post an das Kompetenzzentrum Obst am Bodensee versandt werden. Nähere Informationen gibt es hierzu unter kob-bavendorf.de/sortenbestimmung. html.
Zudem besteht für Interessierte die Möglichkeit, selbst ein Sortenkenner zu werden und das Handwerkszeug der Pomologen zu erlernen. Unter apfel-birne-berge.de/aktuell finden sich diverse Kursangebote sowie weitere Informationen zum Projekt.