Seit 25 Jahren: Schutz und Chance für Frauen und ihre Kinder
,,Die Gewaltkommission der Bundesregierung stuft familiäre Gewalt als in unserer Gesellschaft am häufigsten ausgeübte Gewalt ein, in 70 Prozent der Fälle ist der Tatort die eigene Wohnung. Jährlich suchen rund 50 000 Frauen in Deutschland Zuflucht in einem Frauenhaus.“ Mit diesen bedrückenden Daten skizzierte Katharina Oberländer, Mitarbeiterin im Frauenhaus Rosenheim, die aktuelle Situation gedemütigter und geschlagener Frauen in Deutschland in ihrem Referat anlässlich der Jubiläumsfeier. Für Frauen in der Region, die sich entschlossen haben, in dieser scheinbar ausweglosen Situation Rat und Hilfe zu suchen, gibt es seit einem Vierteljahrhundert das Frauenhaus Rosenheim. Es hat in dieser Zeit über 2400 Betroffenen Schutz und die Chance zum Neuanfang gegeben.
,,Als es 1989 mit Unterstützung der Stadt Rosenheim vom SkF gegründet wurde, bot es zunächst in einer Wohnung fünf Plätze für zufluchtsuchende Frauen in einer Wohnung an“, erinnert sich Iris Hinkel, Geschäftsführerin des Sozialdienstes katholischer Frauen Rosenheim. Zu dieser Zeit war die Problematik häusliche Gewalt noch längst nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen; Kritiker befürchteten gar, dass mit der Einrichtung erst ,,Bedarf geschaffen“ werde. ,,Gott sei Dank hat sich das Bewusstsein in Gesellschaft und Politik mittlerweile verändert. Partnerschaftliche Gewalt gibt es in jeder Schicht, jeder Altersgruppe, jeder Nationalität“. so Iris Hinkel. ,,Und häusliche Gewalt ist kein Schicksal, das Frauenhaus hilft betroffenen Frauen und Kindern rund um die Uhr!“, ergänzt Leiterin Brigitte Steiner. Vor 21 Jahren hat der SkF ein Haus angemietet, hier finden acht Frauen und 16 Kinder einen sicheren Platz, an dem sie nach schwersten traumatischen Erlebnissen Atem holen können und die Gelegenheit zur Neuorientierung im Leben haben.
Meldet sich eine Frau unter der Tag und Nacht besetzen Telefonnummer 0 80 31/ 38 14 78 des Frauenhauses führen die Mitarbeiterinnen zunächst ein ausführliches Gespräch mit ihr. ,,Wir klären behutsam ab, wie akut die Bedrohungssituation ist, wer betroffen ist und wie man am besten helfen kann“, erzählt Brigitte Steiner. Für manche Betroffenen kann man bereits so Alternativen entwickeln, Möglichkeiten aufzeigen, wie sie sich aus der Gewaltspirale befreien können, etwa durch den Kontakt zu einer Beratungsstelle oder mit Hilfe von Freunden oder Verwandten. Falls dies nicht möglich ist und ein Platz im Haus frei ist, kann die Frau mit ihren Kindern dort Zuflucht suchen.
Aus der Gewaltspirale befreien
„Oft kommen Frauen aus einer akuten Situation völlig unvorbereitet ohne groß gepackt zu haben. Wir versorgen sie dann mit dem Nötigsten an Ausstattung und Kleidung“, so Brigitte Steiner. Jeder aufgenommenen Frau wird eine erfahrene Sozialpädagogin zur Seite gestellt, die ihr nicht nur bei der Bewältigung der erlittenen Traumata hilft, sondern auch mit ihr gemeinsam Perspektiven für den neuen Lebensabschnitt entwickelt. Die durchschnittliche Verweildauer der Frauen ist ungefähr drei Monate; wann die Frauen wieder ausziehen, hängt stark davon ab, wie schnell sich die Vorbereitungen für ein neues Leben, wie etwa eine neue Wohnung, verwirklichen lassen und wie das in der Gewaltbeziehung Erlebte verarbeitet werden konnte.
,,Wir versuchen, dass die Frauen mit ihren Kindern sich in unserem Haus wirklich wohl und geborgen fühlen können“, so Iris Hinkel. So hat man in Zusammenarbeit mit Studenten des Fachbereichs Innenarchitektur an der Hochschule Rosenheim ein wunderschönes neues Farbkonzept im Haus verwirklicht. Außerdem versuchen die Mitarbeiterinnen im Rahmen der begrenzen finanziellen Mittel immer wieder mit Hilfe von Spenden ganz besondere Angebote für die betroffenen Frauen und Kinder zuorganisieren. Dazu gehören als ganz wichtige Ergänzung der Betreuung ein männlicher Sozialpädagoge auf Stundenbasis für die Jungs im Haus, eine tiergestützte Therapie mit Miniaturpferden der Psychologischen Praxis Steinbrecher & Geiger in Brannenburg oder Kurse für Frauen und Kinder bei Kind&Werk.
Prävention
Großen Wert legt der SkF auch auf die Präventionsarbeit. ,,Wir bieten unter dem Titel PräGePrävention gegen Gewalt Unterrichtseinheiten an Schulen in der Region an. Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern der 8. Jahrgangsstufe setzen sich eine Mitarbeiterin des Frauenhauses und Christof Furtwängler von der Männerberatungsstelle geschlechtsspezifisch mit Rollenbildern, Grenzverletzungen, dem Gewaltbegriff, Konfliktlösungsstrategien und vielem mehr auseinander“, so Iris Hinkel.
Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen gesucht!
Unverzichtbar für die Arbeit des Frauenhauses Rosenheim sind die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen. Brigitte Steiner: ,,Wir könnten die Betreuung und Begleitung wirklich nicht leisten ohne unsere engagierten Ehrenamtlichen! Egal ob es um die Rufbereitschaft geht, die Kinderbetreuung oder auch in der Öffentlichkeitsarbeit. Wer sich dafür interessiert, der ist gerne eingeladen, sich bei uns zu melden. Wir freuen uns über neue ehrenamtliche Mitarbeiterinnen!“
Franziska Finsterwalder