Erinnerungen des letzten „Totengrabers“ von Wildenwart und Prien
Der Beruf und der Begriff des Totengräbers sind mehr oder weniger ausgestorben, heute wird die Aufgabe, den letzten irdischen Weg eines Verstorbenen zu gestalten mit Friedhofswärter oder Bestatter bezeichnet. Was ein Totengräber zu tun hatte und was er erlebte, das konnte unsere Redaktion Robert Gmeiner aus Prien-Atzing fragen, er war der letzte Totengräber in der ehemaligen, 1978 aufgelösten Gemeinde Wildenwart und hernach noch kurze Zeit in der Marktgemeinde Prien a. Chiemsee.
Robert Gmeiner kann sich noch gut erinnern: Es war der 8. Februar 1977, als er in den Dienst bei der Gemeinde Wildenwart gestellt wurde. Der damalige Bürgermeister Florian Rauch übertrug ihm neben allgemeinen Straßen- und Wege-Maßnahmen auch den Friedhof der Kirche „Christkönig“ von Wildenwart. „Die Aufgabe eines Totengräbers und Friedhofwärters übernahm ich von Toni Bohrer aus Schörging. Damals gehörte auch noch der Friedhof von St. Salvator zur Wildenwarter Betreuung, denn dort waren viele Gräber aus der Zeit vor dem Kirchbau in Wildenwart, der 1934 erfolgte.“ Heute wird gemäß einer Gebietsreforms-Vereinbarung der auf Rimstinger Gemeindegebiet liegende Gottesacker von St. Salvator von der Gemeinde Prien mitbetreut. Viel Arbeit machte das Mähen und Pflegen im Friedhof, besonders Hand anzulegen galt es natürlich, wenn es einen Trauerfall gab. „Bis Ende 1978 mussten wir mit der Hand, Pickel und Schaufel die Gräber ausheben, früher machten dies die Nachbarn eines Verstorbenen, bei dieser Arbeit half mir immer Hans Bauer vom Lippnhof in Prutdorf“, so Robert Gmeiner.
Die erste Beerdigung, um die sich Robert Gmeiner als Totengräber verantwortlich zeichnete, war im Juni 1977, als Prinzessin Helmtrud vom nahen Schloss Wildenwart aus dem Haus Wittelsbach verstarb. Daran erinnert er sich gut: „Drei Tage war Ihre Königliche Hoheit im Schloss Wildenwart in der dortigen Schlosskapelle aufgebahrt, abends musste ich immer den Sarg und die Kapelle abschließen. Der Leichenzug, voran mit Weihbischof Heinrich Graf von Soden-Fraunhofen, führte über das sogenannte Weiße Marterl zur Kirche. Zwei Trachtendirndl von Wildenwart trugen Kissen mit den Orden der Prinzessin, je drei Trachtler aus Atzing und Wildenwart trugen den Sarg“. Auch für diese Beerdigung mussten Robert Gmeiner und Hans Bauer mit der Hand das Grab schaufeln, während dieser Arbeit kam der damalige Pfarrer Johann Zeilhofer mit einer Tasche voller Bier und bedankte sich für die schweißtreibende Arbeit.
Durch die Gebietsreform am 1. Mai 1978 kamen Teile der Gemeinde Wildenwart nach Prien. Robert Gmeiner blieb noch einige Zeit für Wildenwarter Tätigkeiten, mit dem Jahresbeginn 1979 kam er dann in Priener Dienste zu Bürgermeister Lorenz Kollmannsberger und als Helfer für den langjährigen Priener Friedhofswärter Georg Dettendorfer, die Wildenwarter Friedhofs-Aufgaben übernahmen dort die Kirchenverwaltung und Beerdigungsinstitute. „Totengräber in Prien war ich nur wenige Monate, bis ich dann im März 1979 in den gemeindlichen Bauhof zu dessen allgemeinen Arbeiten eingereiht wurde“, so Robert Gmeiner, der von der Priener Totengräber-Zeit einige schaurige Geschichten zu erzählen weiß. „Damals wurden im Friedhof noch ärztliche, aber keine gerichtlichen Sezierungen durchgeführt, und zwar in dem heutigen Umkleideraum für die Geistlichkeit. Einmal musste ich auf den Pathologen, der für 17 Uhr angekündigt war, bis 23 Uhr in stockfinsterer November-Nacht warten. Da war ich froh, als der junge und nette Mann, der von München kam und aufgehalten wurde, noch kam“. In einem anderem Fall begab es sich, dass ein aus Prien stammender Mann nach drei Wochen wieder ausgegraben werden musste wegen unklarer Todesumstände. Bei diesen Aufgaben war Robert Gmeiner nicht alleine. Dabei war der langjährige Priener Friedhofswärter Georg Dettendorfer. Die Sezierungen auf dem Priener Friedhof wurden Ende 1981 eingestellt. Anton Hötzelsperger