Fragen der Auslegung
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Fragen der Auslegung

Rosenheimer Pflegedienste aus der Stadt und dem Landkreis wehren sich

Seit Anfang Februar zeichnet die regionale wie überregionale Tagespresse ein beunruhigendes Bild zur Seriosität der Ambulanten Pflegedienste in Deutschland. Ausgangspunkt hierfür ist eine gemeinsame Pressemitteilung des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen (GKV) sowie des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen (MDS) vom 1. Februar diesen Jahres.

„Bei gut einem Drittel (35,2 Prozent) der Pflegedienste stellten die Prüfer mindestens eine Auffälligkeit in den Abrechnungen fest“, wird Thomas Brüggemann, für den MDK-Prüfbericht verantwortlicher Teamleiter beim MDS, zu den Auswertungen der im Oktober 2016 eingeführten Abrechnungsprüfungen zitiert. Bei nur 1 138 ausgewerteten Prüfungen in 2016 betrifft diese Aussage einen schier ungeheuren Anteil von 400, dem gegebenen Anschein nach, mit Betrugsabsichten abrechnenden Diensten.

Die Leitungen der im Arbeitskreis Pflege des Pro Senioren Rosenheim e.V. vertretenen Rosenheimer Pflegedienste sind sich jedoch einig: Die ermittelten „Auffälligkeiten“ sind zum weit überwiegenden Teil nicht als Indiz für Mitnahmementalität oder Betrugsabsichten gültig. Sie zeigen vielmehr auf, welchen Widrigkeiten die Pflegedienste durch schikanöse und umständliche Leistungserfassungs- und Abrechnungsvorschriften ausgesetzt sind.

Beispiel: Eine ambulant tätige Pflegekraft muss jede Leistung vor Ort, unmittelbar einsatzbezogen und unter Angabe von Datum und Uhrzeit quittieren. Vergisst sie hierbei ihr Handzeichen, was bei durchschnittlich zwei Dutzend täglich anfallenden Vorgängen leicht der Fall sein kann, ist bei strenger Regelauslegung der ordnungsgemäß durchgeführte Einsatz abrechnungstechnisch verloren. Eine nachträgliche Korrektur der Leistungsdokumentation ist vertraglich ausgeschlossen. Besagtes fehlendes Handzeichen führt zwangsläufig zur Rechnungsminderung. Strafe genug? Nein. Sie stellt zudem eine „Auffälligkeit“ bei der Rechnungsprüfung dar.

So kann ein ohne Betrugsabsicht begangener und sehr einfacher Irrtum zum Verlust der Zulassung führen.
Die sich hier zu Wort meldenden Pflegedienste betrachten die Abrechnungsprüfung in der praktizierten Form sowie die daraus resultierende Berichterstattung als Missstand. Der Kriterienkatalog zur Qualitäts- und Abrechnungsprüfung nimmt laufend an Umfang zu, ebenso der darin begründete Aufwand, den zum Teil ernstlich irrelevanten Anforderungen gerecht zu werden. Verantwortlich hierfür sehen wir alle Funktionäre in den Spitzenverbänden und Behörden, sowie alle anderen Instanzen, die an Erschaffung und Ausbau solch unsäglich umständlicher, auf Misstrauen und Kontrolle ausgerichteter Strukturen und Prozesse beteiligten sind. Die sich hier zu Wort meldenden Rosenheimer Pflegedienste fassen ihre Enttäuschung über die unverdiente Negativberichterstattung so zusammen: Statt der viel zitierten Anerkennung für unser Engagement in bekannt schwierigem Umfeld haftet uns nun unvermutet der Ruch mangelhafter Seriosität an. Wegen einzelner, massiver, und mit großer krimineller Energie inszenierter Betrugsfälle in einem Nischenbereich der Ambulanten Pflege werden 12 000 Dienste unter Generalverdacht gestellt. Dies führt zu nachhaltigem Imageverlust der Dienste und des gesamten Berufsstandes mit allen negativen Folgen für die Mitarbeitergewinnung, sowie zu einem katastrophalen Vertrauensschwund bei den Bürgerinnen und Bürgern in Stadt und Landkreis.

Wir fordern von den Verantwortlichen in Spitzenverbänden und Politik:

„- Sorgen Sie für eine maßgebliche Vereinfachung, Entbürokratisierung und Vereinheitlichung bei Erfassung und Abrechnung der Pflege-Leistungen. Schaffen Sie Klarheit, die ein Unterscheiden ehrlicher Absichten von unehrlichen Machenschaften erleichtert.
– Entlasten Sie die an Betriebsprüfungen beteiligten Instanzen durch eine wirksame Reduktion der Prüfkriterien.
– Sorgen Sie endlich für ein den Pflegediensten gedeihliches Medienumfeld. Uns gehen die Mitarbeiter aus. Lassen Sie nicht zu, dass sich Pflegekräfte für ihre Berufswahl rechtfertigen müssen.“

 

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