Bayerische Verbraucher zeigen sich skeptisch
Guter Service, freundliche Beratung und eine riesige Auswahl an allen Produkten, das bietet der regionale Einzelhandel. Hier trifft man auch mal seine Nachbarn oder auch Bekannte, denen man sonst nicht über den Weg läuft: Ein kleiner, nette Ratsch beim Einkauf inklusive. Und wenn man die Wurst oder den Käse an der Frische-Theke für dem Einkauf mal probieren möchte, kein Problem.
Auch als Gewerbesteuerzahler, Arbeitgeber und Ausbildungsbetriebe in der Region sind die Einzelhandelsbetriebe starke wirtschaftliche Partner vor Ort.
Doch es droht Konkurrenz. Der Handel über das Internet boomt wie nie: Mode, Bücher, Spielwaren und Elektronik, in diesen Bereichen liegt der Anteil an Online- und Versandhandelkäufen bereits über oder knapp unter den im klassischen Einzelhandel getätigten Einkäufen. Gerade die jüngere Generation, die mit dem Internet aufgewachsen ist, schätzt das bequeme Online-Shopping ohne Öffnungszeiten rund um die Uhr. Ein Bereich, der sich bisher gegen diesen Online-Kauf-Trend behaupten konnte, ist die Lebensmittelbranche. Sie hat in Bayern im letzten Jahr einen Rekordumsatz von 27,4 Milliarden Euro erwirtschaftet und ist mit dieser Entwicklung sehr zufrieden. Und dabei fristet derzeit der Einkauf von Nudeln, Milch, Müsli und Co. – ganz im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern – noch ein ausgesprochenes Nischendasein. In Bayern liegt der Online-Anteil bei gerade einmal 0,8 Prozent. Im Vergleich dazu: In Großbritannien werden bereits 4,4 Prozent der Lebensmitteleinkäufe über das Internet getätigt.
Doch das könnte sich in Zukunft ändern. „Ich halte es für realistisch, dass der Anteil der Online-Verkäufe von Lebensmitteln in zehn Jahren bei zehn bis 20 Prozent liegt“, sagt der Sprecher des Bayerischen Handelsverbands, Bernd Ohlmann. Und ergänzt: „Nicht jeder Händler wird einen Online-Shop anbieten können. Aber jeder Händler muss im Internet sichtbar sein.“
Die großen Handelsketten wie Rewe, Edeka oder Lidl haben sich bereits positioniert und Online-Shops eingerichtet; die bestellten Waren werden nach Hause zugestellt.
Mit Spannung wird auch der Start des Lebensmittellieferdienstes „Amazon Fresh“ in Deutschland für Mai dieses Jahres erwartet. Der Internetgigant Amazon hatte bereits jetzt schon haltbare Lebensmittel im Angebot und will dieses nun mit dem neuen Service auf Frischprodukte ausweiten.
Die Verbraucherzentrale Bayern rät den Konsumenten, bei Online-Lebensmittelbestellungen genau auf die Angaben des Händlers zu achten. So seien diese verpflichtet, in ihrem Shop dieselben Informationen, etwa Preis, Zutatenliste oder Ursprungsland, zu liefern, die man auch auf den Verpackungen und im Supermarkt findet. Anders als im Supermarkt habe beim Angebot frischer Produkte übers Internet ein Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsdatum wenig Sinn. Dagegen seien Hinweise wie „nach Lieferung noch mindestens drei Monate haltbar“ natürlich nützlich.
Es bleibt abzuwarten, wie sich das Kaufverhalten der Deutschen durch die neuen Angebote änderen wird. Die Konsumlust im Netz bleibt wohl ungebrochen. Anderseits schätzen es wohl noch sehr viele Konsumenten im Lebensmittelgeschäft ihres Vertrauens persönlich beraten zu werden, das frische Obst, Gemüse und Fleischwaren selbst in Augenschein zu nehmen oder auch mal vor dem Kauf einer Spezialität probieren zu dürfen.
Weniger Service, weniger Persönlichkeit
Und eine Entwicklung lässt sich auch nicht wegdiskutieren: Mit jeder Internetbestellung fällt auch ein Einkauf im klassischen Einzelhandel vor Ort weg.
Und selbst die Online-Käufer bedauern anscheinend die Folgen davon, wie eine, vom Handelsverband Bayern in Auftrag gegebene, Studie belegt: Fast zwei Drittel dieser Konsumenten wollen nicht, dass durch das Schließen von Geschäften die Innenstädte veröden und finden es „sehr bedauerlich“, wenn es künftig immer weniger lokale Einzelhändler geben würde. ff