Gartenfreunde können das eigene Reich als Naturgarten zertifizieren lassen
Der Wettbewerb „Der bienenfreundliche Garten“ war vor fünf Jahren ein echter Coup. Die Idee kam von Franziska Kröll, der Vorsitzenden des Kreisverbands für Gartenbau und Landespflege. Gemanagt und umgesetzt wurde sie vom damaligen Kreisfachberater, dem inzwischen in Ruhestand gegangenen Sepp Stein. Der Wettbewerb wurde vielerorts kopiert und die dazugehörige Broschüre wurde aus ganz Deutschland und sogar aus der Schweiz nachgefragt. Jetzt gehen Kreisfachberater Harald Lorenz, sein Kollege Roman Pröll und der Kreisverband für Gartenbau und Landespflege ein ähnliches Projekt an, den Naturgarten.
Die Idee stammt diesmal von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau. Als einen der ersten Gärten im Landkreis Rosenheim suchten sich Harald Lorenz und Roman Pröll den Garten von Franziska Kröll zur Begutachtung aus. Sie ist immer noch Vorsitzende des Kreisverbands für Gartenbau und Landespflege Rosenheim e.V. In ihm sind alle Gartenbauvereine im Landkreis mit ihren rund 16 000 Mitgliedern zusammengefasst.
Damit ein Garten sich Naturgarten nennen darf, müssen eine ganze Reihe von Kriterien erfüllt ein. Bei Franziska Kröll ist das der Fall. Deshalb nahm sich Landrat Otto Lederer die Zeit, in das idyllisch gelegene Oberwertach zu fahren, einem Ortsteil von Feldkirchen-Westerham, um ihr Urkunde und Plakette zu überreichen.
Die Führung durch den Garten begann an einem blühenden Rosenstock. Der wurde kurz nach der Hochzeit von Franziska Kröll gepflanzt, fast auf den Tag genau vor 47 Jahren. In ihrem Garten gibt es noch etliche weitere Pflanzen, die seit rund fünf Jahrzehnten wachsen, blühen und gedeihen. Bäume, einst mit daumendicken Stämmchen in die Erde gebracht, stehen heute mächtig am Rand des Gartens. Dort, wo vor vielen Jahren die Kinder im Sandkasten spielten, befindet sich längst ein Gartenteich. Die Buchspflanzen sehen etwas zerrupft aus, weil der Buchsbaumzünsler auch vor einem zertifizierten Naturgarten nicht Halt macht. Die Apfelbäume sind übervoll, es dauert aber noch bis zur Reife. Bienen beackern Sonnenblumen und andere Sträucher. Franziska Kröll stand daneben und erzählte mit großer Begeisterung die Geschichte ihres Gartens. Selbst nach so vielen Gartenjahren kann man noch lernen. „Man pflanzt und tut, aber manchmal mag die Natur nicht so“, stellte sie fest.
Nach all der Fachsimpelei über Wein, Felsenbirne, Holler, Stauden-Clematis oder Aronia stellte Landrat Otto Lederer fest, „du hast dich für die Auszeichnung nicht anstrengen müssen, weil du deinen Garten seit Jahrzehnten pflegst.“
Für Kreisfachberater Roman Pröll ist die Plakette eine Anerkennung für vielfältiges und nachhaltiges Garteln: „Naturgarten bedeutet nicht, der Natur freien Lauf zu lassen, sondern im Einklang mit der Natur zu arbeiten.“ Pröll und sein Kollege Harald Lorenz wollen mit dem Projekt zudem bewusst machen, welch großes Geschenk der eigene Garten sein kann.
Damit ein Garten die Zertifizierung „Naturgarten“ erhält, muss er verschiedene Kriterien erfüllen. Dazu gehören neben der Vielfalt an Lebensräumen der Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel, auf chemisch-synthetische Dünger sowie auf Torf. Dazu gibt es eine ganze Reihe von Kann-Kriterien, wie das Zulassen von Wildkraut, Laubbäume, Blumen und blühende Sträucher für Insekten, Gemüsebeete, Komposthaufen, Nützlingsunterkünfte oder die Nutzung von Regenwasser.
Gartenfreunde, die ihr Reich ebenfalls zertifizieren lassen möchten, können sich bei den Gartenfachberatern im Landratsamt Rosenheim per E-Mail unter gartenkultur@ lra-rosenheim.de melden. Für Mitglieder in einem Gartenbauverein ist die Zertifizierung kostenlos, Nichtmitglieder zahlen 60 Euro. Und wenn es für die Bewertung „Naturgarten“ nicht reicht, gibt es zumindest wertvolle Tipps um zukünftig ausreichend Kriterien zu erfüllen.