E-Autos ausgebremst?
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E-Autos ausgebremst?

Kritik und Lob für Pläne des Bundesverkehrsministeriums

„Mehr Klimaschutz, neue Märkte, weniger Abhängigkeit von fossilen Energieträgern: Mobilität wird künftig neu gedacht. Die Weiterentwicklung der Elektromobilität ist ein zukunftsweisendes Thema der deutschen Industrie. Mehr noch: Elektrofahrzeuge können ein wichtiger Baustein der Energiewende werden.“ So formuliert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in einer aktuellen Pressemitteilung die Herausforderung, denen sich die Politiker angesichts des Klimawandels, ausgelöst unter anderem durch die steigenden CO2-Emissionen stellen muss. Deshalb versucht auch die Bundesregierung mit besseren staatlichen Anreizen – der Kauf eines Elektroautos wird mit 4000 Euro, der eines Hybridfahrzeuges mit 3000 Euro bezuschusst – die Zahl der E-Fahrzeuge deutlich anzukurbeln. Die Maßnahme zeigt Wirkung: Die Neuzulassungen steigen deutlich.

Eigentlich sollte denn auch dieser Trend bei den bundesdeutschen Fahrschulen angekommen sein und die junge Generation auf das Fahren mit Elektroautos vorbereitet werden. Doch weit gefehlt, wie der Bundesverband deutscher Fahrschulunternehmer e.V. (BDFU) in einer öffentlichen Stellungnahme moniert: „Innovative Fahrschulen, wie sie im BDFU versammelt sind, möchten ihren Schülerinnen und Schülern gerne die Ausbildung auf einem Elektroauto anbieten – und scheitern an der Bürokratie. Das wollen wir nicht einfach so hinnehmen und haben deshalb politische Initiativen ergriffen.“

Bislang gilt: Wer das Autofahren mit Automatik gelernt und in eben einem solchen Auto auch die Prüfung abgelegt hat, darf keine Fahrzeuge mit Handschaltung fahren. Wer diesen Eintrag im Führerschein vermeiden will, muss nochmals eine Prüfung ohne Automatik bestehen. Diese Zusatzprüfung, so konkrete Pläne des Bundesverkehrsministeriums, könnte nun entfallen; für einen Führerschein ohne Automatikbegrenzung brauche es dann lediglich eine Bescheinigung der Fahrschule, dass der Schüler schalten kann. Dafür kassiert Verkehrsminister Andreas Scheuer allerdings auch heftige Kritik, und zwar vom Geschäftsführer des TÜV-Verbandes Dr. Joachim Bühler, der diese Idee einen „Bärendienst“ für die Verkehrssicherheit nennt.

Im Gegensatz zu Ländern wie den USA sei das Auto mit    Handschalt-Getriebe in Deutschland immer noch der Normalfall. Gerade bei Fahranfängern ohne ausreichende Fahr- und Schaltpraxis sei das gefährlich.

Eigentlich dürfte nach einer derartigen Neuregelung, die übrigens auch auf EU-Ebene abgestimmt werden muss, der Prüfung mit Elektrofahrzeug nichts mehr im Wege stehen. „Wenn nicht auch hier wieder der Amtsschimmel wiehern würde“, so der Verband der Fahrschulunternehmer und erläutert: „Denn „prüfungstauglich“ sind Autos nur dann, wenn sie die in der Prüfungsrichtlinie und im Anhang der Fahrerlaubnisverordnung definierten Anforderungen erfüllen, die maßgeblich auf den TÜV zurückgehen. Dort ist bis auf den Millimeter alles festgeschrieben, was irgendwie gemessen werden kann – vom Abstand der hinteren Sitzbank zur hinteren Stoßstange über den Neigungswinkel der Rückbank und deren Sitzhöhe und -tiefe bis zur Mindestkniefreiheit und der Größe des Fuß- und Kopfraums. Von den 25 Top-Sellern unter den  E-Autos erfüllen die lange Liste an Vorgaben nur der E-Golf, der Tesla S und der Nissan Leaf Zero. Nun sei es an der Zeit, Vorschriften, die über das Ziel hinausschießen, zu überdenken: „Der BDFU plädiert für ein drei Jahre dauerndes Pilotprojekt, in dessen Laufzeit alle Elektrofahrzeuge automatisch als Prüffahrzeuge zugelassen werden, wenn sie drei Kriterien erfüllen: Sie müssen eine Höchstgeschwindigkeit von 130 Kilometer pro Stunde erreichen, mindestens vier Sitzplätze und zwei Türen auf der rechten Seite haben. So wird in ganz Europa verfahren, und so wünschen wir es uns auch für Deutschland. “

Skepsis beim Rosenheimer Kreisvorsitzenden

Sehr skeptisch steht dem allerdings der Rosenheimer Kreisvorsitzende des Landesverbandes bayerischer Fahrlehrer e.V. gegenüber: „Zunächst muss man feststellen, dass E-Autos derzeit noch nicht auf dem Stand der Technik sind, um von Fahrschulen ganztägig zur Ausbildung eingesetzt zu werden. Sie erfüllen in keinster Weise in einer Region mit der Topografie wie der unseren, die Reichweiten der Herstellerangaben.“ M. Mergen berichtet von einem Kollegen, der einen Nissan Leaf 2, dem wohl derzeit besten und prüfungstauglichen E-Auto auf dem Markt, im Einsatz hat: „Er schafft im Sommer maximal 200 Kilometer, dann benötigt das Fahrzeug mehrere Stunden zur Aufladung. Bei einem Anfahrtsweg von 25 bis 30 Kilometer ins Prüfungsgebiet sind somit nur zwei Doppelstunden problemlos möglich. Das bedeutet für einen normal arbeitenden Fahrlehrer, dass mindestens zwei E-Autos für ihn bereitstehen müssen.“

„Mindestmaße sinnvoll“

Auch die Mindestmaße des Prüferarbeitsplatzes, die der BDFU moniert, hält der Kreisvorsitzende Mergen für durchaus sinnvoll: „Diese Mindestmaße kommen nicht nur dem Prüfer, sondern auch dem Fahrlehrer zugute. Wer möchte schon selbst über 200 Arbeitstage im Jahr auf engstem Raum die Prüfung abnehmen oder als Fahrlehrer begleiten müssen.“ Und er fasst zusammen: „Alles in allem ist die E-Technik in Autos für den ganztägigen gewerblichen Gebrauch noch nicht so weit fortgeschritten, dass sie eingesetzt werden kann.“ ff

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