Ein Bulle in Chicago
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Ein Bulle in Chicago

Starbulls Rosenheim bereiten sich auf Saison vor

Normalerweise könnte man sich zu diesem Zeitpunkt schon über erste Tendenzen unterhalten, über die ersten Ergebnisse, wie die Neuzugänge einschlagen und wie die Konkurrenz in der Eishockey-Oberliga aus den Startlöchern gekommen ist. Corona und die Gegenmaßnahmen machten all das unmöglich. Über die Lage bei den Strabulls sprachen wir mit Vorstand Marcus Thaller.

Die guten Neuigkeiten zuerst: 1000 Zuschauer sind für das Rofa-Stadion zugelassen, falls mit Zuschauern gespielt werden kann. Zugleich startete der auf 1000 Karten beschränkte Dauerkartenverkauf. Mit den beiden Systemen „Safety first“ und „Mei Herz schlogt Grea.Weiß“ können die Käufer entscheiden, ob das Geld auf alle Fälle beim Verein bleibt oder nur im Fall des tatsächlichen Spielbesuchs. Sind Sie optimistisch, was die Treue der Fans betrifft, und gibt es schon erste Rückmeldungen?

„Wir sind erstmal enorm froh darüber, dass wir prinzipiell wieder 1000 Zuschauer ins Stadion lassen können. Es ist ein wichtiges Zeichen gegenüber dem kompletten Verein, den Sponsoren, dass wir hier den Zusammenhalt im Rosenheimer Eishockey unterstreichen können. Bei den ersten Bestellungen wird dies nochmal verdeutlicht. Die Mehrzahl der Besteller würde auf mögliche Rückzahlungen aus ausgefallenen Spielen verzichten. Das macht einen natürlich als Vereinsvorstand enorm stolz, wenn man sieht, in welchem Verein und Vereinsumfeld man sich bewegt und wie bei uns in diesen derzeit für alle schwierigen Zeiten zusammenhalten.“

Mit Lukas Reichel wird demnächst ein Spieler aus dem SBR-Nachwuchs in der NHL für die Chikago Blackhawks spielen. Er wurde in der ersten Runde aus der Draftliste gezogen. Wie stolz ist man auf den Beweis der nach wie vor erstklassigen Nachwuchsarbeit in Rosenheim?

„Das ist natürlich einsame Spitze. Runde eins im NHL-Draft, das hatten wir hier in Rosenheim noch nie, das ist sensationell. Da kann man enorm stolz sein auf unsere Nachwuchsarbeit und es unterstreicht einmal mehr ihren Erfolg. Man kann nur den Hut ziehen vor der Arbeit, die von unseren Trainern und Betreuern und dem ganzen Vereinsumfeld geleistet wird – zugleich natürlich auch vor Lukas selbst. Er hat großes Talent, aber das alleine ist es nicht. Er ist wahnsinnig fleißig, gibt immer Gas und ist dabei enorm bodenständig. Bei ihm kommen die wichtigen Komponenten alle zusammen. So hat er sich diese Chance redlich verdient und wir wünschen ihm alle das Beste für die weiteren sportlichen und privaten Schritte.“

Die Situation für die Clubs der Oberliga ist nach wie vor äußerst schwierig. Nachdem nun der Saisonbeginn am 6. November feststehen dürfte, beginnt auch das Training der Ersten Mannschaft in Kürze. Wie gehen die Spieler und das Trainerteam mit der Lage um?

„Wir hatten insgesamt einen ungewöhnlich langen Sommer. Es war sehr lange eine sehr ungewisse Situation, sowohl coronabedingt als, damit einhergehend natürlich auch von der Finanzierungsmöglichkeit einer Saison.

Das ist für alle wichtig, für die erste Mannschaft, für den Nachwuchsbetrieb und für den Sport selbst. Es ist aber auch gesellschaftlich wichtig, dass die Menschen einen Ticken mehr Abwechslung in ihren Alltag bekommen. Ich denke, aktuell ist jeder froh, dass wir wieder spielen können. Da ist es jetzt weniger wichtig, dass sich der Beginn stark verzögert.“

Vor einigen Wochen gab es eine Resolution der Oberliga-Clubs. Sie wollten auf die existenzbedrohende Situation der Clubs hinweisen und verlangten Entscheidungen und Unterstützung. Inwieweit war die Resolution erfolgreich?

„Vorweg: Der Deutsche Eishockeybund (DEB) hat sehr viel gute Arbeit geleistet und sich für den Eishockeysport auch politisch eingesetzt. Anfang September waren wir in der Situation, dass wir Entscheidungen benötigt haben, weil ansonsten die Saison sehr stark auf der Kippe gestanden hätte. Da sahen die Vereine keine andere Möglichkeit mehr, als eigenständig an die Öffentlichkeit zu gehen und auf die Lage aufmerksam zu machen. Es geht ja nicht nur um den Profisport. Denn der finanziert letztlich auch den Nachwuchssport. Es musste unterstrichen und verdeutlicht werden, was hier alles zusammenhängt. Nachdem die Oberliga mit in das „Bundespaket Profisport“ aufgenommen wurde, kann man sagen, dass wir unser Ziel erreicht haben und so zumindest eine gewisse Sicherheit für den Ausfall der Ticketeinnahmen haben und damit eine andere Planungsgrundlage. So können wir erst einmal in die Saison starten. Natürlich gibt es immer noch sehr viele Unwägbarkeiten: Was ist, wenn Spieler infiziert sind, wie können Spiele eventuell nachgeholt werden? Dennoch sind wir jetzt erst einmal froh, dass wir starten können.“

Trotz aller Ungewissheit wurde in Rosenheim und auch anderswo fleißig an der Kaderzusammensetzung für die neue Saison gearbeitet. Wie schwierig ist und war das im Vergleich zu einer normalen Saison?

„Aus unserer Sicht war sie nicht sehr schwierig. Dadurch, dass wir sehr gute Nachwuchsarbeit leisten, hatten wir die Möglichkeit, auf junge, sehr talentierte und hungrige Spieler zu setzen, und in der Verbindung mit erfahrenen deutschen und ausländischen Spielern, eine gute Mischung zu haben. Da kommen uns die nachhaltigen Investitionen in den Nachwuchs natürlich sehr zugute. Wir freuen uns schon darauf, die Mannschaft in dieser neuen Zusammensetzung bald spielen zu sehen.“  nu

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