Neue Ombudsstelle der Kinder- und Jugendhilfe Oberbayern
„Ich bin davon überzeugt, dass unser Modellprogramm einen wichtigen und dringend notwendigen Impuls zur Weiterentwicklung des Ombudschaftswesens in Bayern und darüber hinaus geben wird,“ das meinte Dr. Christian Lüders, Vorsitzender des Bayerischen Landesjugendhilfeausschusses zum Beschluss des Modellprogramms Ombudschaftswesen in der bayerischen Kinder- und Jugendhilfe.
Ende letzten Jahres hat der Bayerische Landesjugendhilfeausschuss die Einrichtung von drei Standorten zur Erprobung unterschiedlicher Modelle ombudschaftlicher Beratung und Begleitung junger Menschen und ihrer Personensorgeberechtigten beschlossen. Modellhaft entwickelt werden soll, wie eine unabhängige ombudsschaftliche Vertretung, soweit als möglich in der Kooperation von Trägern der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe, realisiert werden kann. Standorte der neuen Modellprojekte, die für drei Jahre angelegt wurden, sind Augsburg, der Landkreis München sowie Rosenheim. Unsere Redaktion sprach darüber mit Sigrid Zierer, die gemeinsam mit ihrem Kollegen Simon Sörgel seit 1. März dieses Jahres die neue Ombudsstelle der Kinder- und Jugendhilfe Oberbayern (OKJO), angesiedelt beim Diakonischen Werk Rosenheim betreut.
Frau Zierer, wer kann sich an Sie wenden?
„Zunächst: Unser Zuständigkeitsbereich umfasst ganz Oberbayern mit Ausnahme des Landkreises München, also ein relativ großes Gebiet. Wir sind für alle jungen Menschen und Familien Ansprechpartner, die mit Entscheidungen eines Jugendamtes, eines freien Trägers, einer stationären Einrichtung nicht einverstanden sind, diese nicht verstehen oder ihre Bedürfnisse und Problemlagen nicht ausreichend formulieren können. Wir sind telefonisch erreichbar unter der Nummer 0 80 31/30 09 10 19 oder per E-Mail an ombudsstelle@dwro.de. Die Beratung ist selbstverständlich kostenlos und vertraulich.“
Was können das konkret für Situationen sein?
„So unterschiedlich wie das Leben ist, so unterschiedlich können diese Probleme sein. Etwa, wenn einem 15-Jährigen in einer Wohngruppe mehrfach von den Erzieherinnen und Erziehern das Taschengeld einbehalten wurde. Wenn einer Familie vom Jugendamt ein Hilfeplan unterbreitet wird, den man nicht versteht, bei dem man sich unwohl fühlt. Wenn eine Mutter den Antrag auf Erziehungshilfe stellt, und zwei Monate lang keine Antwort vom zuständigen Jugendamt erhält. Selbstverständlich haben die Betroffenen immer die Möglichkeit den Rechtsweg einzuschlagen, sich zu beschweren und Widerspruch einzulegen. Doch oftmals herrscht dann große Unsicherheit bezüglich etwaiger Konsequenzen, der Dauer des Verfahrens oder der entstehenden Kosten.“
Und da kommen Sie ins Spiel?
„Wir sind als Ombudsstelle eine unabhängige Einrichtung, die diese Menschen dabei unterstützen will, ihre Anliegen zu vertreten, ihre Einwände oder Bedenken zu formulieren. Dabei legen wir größten Wert darauf, gemeinsam mit allen Beteiligten, den Betroffenen und den Jugendämtern und freien Trägern, zu einer fairen, guten Lösung zu kommen.
Manchmal reicht es in diesen, in der Regel sehr emotionalen, Situationen Maßnahmen besser zu erklären, Perspektiven aufzuzeigen. Oder man erarbeitet gemeinsam Alternativen, auf die sich alle einigen können.
Grundsätzlich ist es so, dass in Konflikten mit Jugendämtern oder Einrichtungen eine gewisse Machtasymmetrie gibt. Hier gilt es gemeinsam mit den jungen Menschen, Erziehungsberechtigten und unseren Fachkolleginnen und Fachkollegen in den Einrichtungen konstruktive Lösungen zu erarbeiten. Wir vertreten dabei die Interessen der strukturell unterlegenen Partei, also die der Jugendlichen und Erziehungsberechtigten.“
Kooperation ist da das Schlüsselwort?
„Auf jeden Fall! Wir von der Ombudsstelle wünschen uns sehr, dass Jugendämter und Einrichtungen uns als Bereicherung sehen, die an einer guten gemeinsamen Perspektive für Familien und Jugendliche arbeitet.
Übrigens sieht das der Gesetzgeber genauso: Nach Zustimmung des Bundesrates ist nun der Weg frei für das neue, modernisierte Kinder- und Jugendhilfegesetz, das die Einrichtung von unabhängigen Ombudsstellen vorsieht und damit die organisierte Form der Selbstvertretung fördert.“
Franziska Finsterwalder
Bild: Von links: Klaus Voss Mitglied der Geschäftsleitung Diakonisches Werk Rosenheim, Sigrid Zierer und Simon Sörgel, Fachberatung in der Ombudsstelle Kinder- und Jugendhilfe Oberbayern OKJO starten das neue Modellprojekt.