In den Bergen, da scheint das Virus weit weg. Jedenfalls, wenn man nicht auf den Wegen des Wochenend-Tourismus mit überfüllten Parkplätzen, Wanderwegen und Raststationen unterwegs ist. Doch auch für Extremkletterer gilt: Corona übt auf praktisch alles seinen Einfluss aus.
Florian Singer, seit einem Autounfall im Jahr 2010 schwer behindert, ist Extremkletterer und international erfolgreich. Wenn es denn Wettbewerbe gibt, an denen er teilnehmen kann. Der 23-Jährige aus Au bei Bad Feilnbach hat ein Jahr ohne eben diese Wettkämpfe hinter sich. 2022 will er voll angreifen, auch wenn er nun in eine höhere Leistungsklasse eingestuft wurde, in der er kaum Chancen auf vordere Plätze haben wird, wie er befürchtet. „Die Einstufung des zuständigen Komitees erscheint oft ziemlich willkürlich, weil die Einschränkungen schwer zu vergleichen sind“, meint er. In der Tat klettern Menschen mit verschiedensten Behinderungen. Sehbehinderte bis hin zur Blindheit. „Sie haben einen Partner am Boden, der ihnen mittels Headset die Griffe und die Gliedmaße ansagt, die sie verwenden sollen“, schildert Singer, „da ist es immer mucksmäuschenstill unter den Zuschauern und Mitbewerbern.“ Aber auch Arm- und Beinamputierte oder Menschen mit physiologischen Einschränkungen wie Florian Singer sie nach seinem Unfall hat, sind am Start: „Die Kletterstile variieren natürlich je nach der Beweglichkeit, Koordination und Kraft, die zur Verfügung stehen. Die Routenplanung wird je nach Leistungsklasse angepasst.“
Singers Plan: Noch mehr Training. „Ich will neben den Wettkämpfen auch Felsklettern und dort schwere Routen projektieren.“
Zuletzt hatte ihn eine vierzehntägige Corona-Quarantäne ausgebremst. „Das war eine harte Zeit. Trainieren wie zuvor während der Lockdown-Zeit im Boulder-Raum meines Trainers konnte ich nicht. Dafür war ich täglich mehrere Stunden mit meinem Manager telefonisch im Gespräch. Und ich hatte Zeit, ein neues Sponsorenanschreiben aufzusetzen“. Sponsoren sind für ihn wichtig, speziell die Ausrüstung mit Schuhen und anderem Kletterbedarf geht sehr ins Geld.
Die nächsten Wettkämpfe sind für den kommenden Sommer angesetzt, im Juni und Juli Weltcups in Innsbruck und Briancon, im September der Offene Nationale Paraclimbing Cup in Frankfurt am Main. Natürlich hoffen alle Extremkletterer darauf, dass diese Bewerbe stattfinden können. „Das Training läuft. Ich war viel im Boulderraum, dort kann man viel Technik trainieren, während wir nicht trainieren durften, habe ich täglich eineinhalb Stunden am Griffboard geübt. Nun trainieren wir auch wieder im Verein, als Therapiemaßnahmen unter Beachtung der Corona-Grundlagen.“
Nun liegt also die Hoffnung auf 2022. Denn: „Nicht nur das Sportliche vermisse ich, sondern auch den menschlichen Kontakt, eben zum Beispiel bei den Wettkämpfen.“ nu