Kirchenpfleger von Tuntenhausen um Gottes Lohn
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Kirchenpfleger von Tuntenhausen um Gottes Lohn

Gerhard Selig geht die Arbeit in der weithin bekannten Wallfahrtskirche nie aus

Vor vier Jahren ging Gerhard Selig als Geschäftsführer in Rente, damit hatte er plötzlich viel Zeit für sich. Das war genau der passende Zeitpunkt für seine ehrenamtliche Aufgabe als Baubetreuer der Kirchenverwaltung für die Pfarrgemeinde „Mariä Himmelfahrt“ in Tuntenhausen. Und damit war es wieder vorbei mit der großen Freizeit, denn just im Jahr 2017 begannen die mehrjährigen Renovierungsarbeiten für die Basilika und Wallfahrtskirche im Ort.

Gerhard Selig war seit 2014 Mitglied in der Kirchenverwaltung, seit 2016 zusammen mit dem Kirchenpfleger Gustl Riedl im Baugremium zur Renovierung und ist seit dem Jahr 2019 Kirchenpfleger von Tuntenhausen – er war somit mit dem baulichen Zustand der Basilika stets bestens vertraut. Bereits 2005 wurden erstmals Schäden am Stuck-Gewölbe auf der Nordseite festgestellt. Fortan begann eine Reihe von Untersuchungen, bis zu 70 Prozent des Stucks im Umgang des Hochaltars mussten erneuert werden, Wassereintrag, vormals falsch eingesetzte Farben und insgesamt sieben Schichten machen die Arbeit hoch kompliziert.
Im April 2006 wurde die Neigung der Empore von Süd nach Nord festgestellt und auch die allgemeine Standfestigkeit und Statik der Kirche wurden untersucht. Zwei Jahre später erfolgte die Notsicherung des Bauwerks durch Zuganker und der letzte Gottesdienst vor Beginn der Hauptarbeiten war am Kirchenpatroziniumstag 2017“ – so die Erläuterungen und Erinnerungen von Gerhard Selig zu der letztlich umfassenden Basilika-Sanierung.
Annähernd acht Millionen Euro waren und sind für die Gesamtmaßnahme aufzubringen, der überwiegende Großteil war zum 24. November 2019 abgeschlossen, als Erzbischof Reinhard Kardinal Marx zur Wiedereröffnung kam. Ein wichtiger Bestandteil im Innenraum war, neben den Arbeiten an der gefassten Holzausstattung, der Elektrik, das Chorgitter zum Hochaltar, das der 1630 eingeweihten Kirche von Kurfürst Maximilian und dessen Ehefrau Elisabeth von Thüringen gestiftet worden war. Hierzu erklärt Selig: „Hier haben wir einen leichten Ton der Rost-Farbe gewählt, die Farbe sollte nicht zu massiv wirken, damit vor dem Hochaltar keine Wand entsteht und damit alle Gläubigen schön zur Mutter Gottes von Tuntenhausen durch- und aufschauen können“.
Außen wie innen begannen im Jahr 2017 die Haupt-Restaurierungsarbeiten. Für den Rentner Selig bedeutete dies täglichen Baustellenbesuch, zusammen mit seinem Vorgänger Gustl Riedl gehörten dem Bau-Gremium zuweilen bis zu 19 Leute an, der Architekt Martin Spaenle aus München, der Projektleiter des Staatlichen Bauamtes Rudolf Froschmeier in Rosenheim und Pfarrer Sinha Roy, Gustl Riedl und Gerhard Selig trafen sich regelmäßig zum Jour-Fix. Neben den baulichen Abstimmungen ging es natürlich auch um Finanzielles. So galt es für nachträglich beschlossene Maßnahmen eine Nachfinanzierung zu treffen, unter anderem in Höhe von über 180 000 Euro für eine Bank-heizung und aus Brandschutzgründen für eine neue Metalltreppe hoch zur Empore und dem Turm. Die dort befindliche Orgel wurde im Zuge der Renovierung ebenfalls erneuert. Neben der Wiederherstellung des Orgelprospektes durch den Restaurator wurde Orgelbaumeister Alois Lindner aus Nußdorf beauftragt. Sein fertiges Werk mit 25 Registern und 1297 Pfeifen wird bis heute in den höchsten Tönen gelobt.
Viel gelobte Orgel
Um die Finanzierung von Kirchen- und Orgelrenovierung zu stemmen, gab es einen eigenen Orgelbauverein und einen Verein zum Erhalt der Basilika, beide Vereine wechselten sich in Veranstaltungen ab. Unter anderem wurden bei Christbaum-Versteigerungen mehrere Tausend Euro an einem Abend eingenommen.

Spannend wurde es für Gerhard Selig und all die am Werk Beteiligten in der Schlussphase, als aus Termingründen des Kardinals die Wiedereröffnung drei Wochen eher als geplant erfolgen sollte. „Aber auch das haben wir in gemeinsamer Anstrengung geschafft, der Acht-Stunden-Tag war da auch für mich üblich, aber es hat sich gelohnt“ – so das Resümee des Kirchenpflegers. Einige Restarbeiten, wie zum Beispiel die 52 Mirakel-Bilder an der Außenwand der Kirche, stehen in diesem Jahr vor der Fertigstellung. Überhaupt geht für einen Kirchenpfleger einer weit bekannten Wallfahrtskirche die Arbeit nicht aus. Letztlich ist Selig froh, dass die Renovierung und Finanzierung in Zeiten allgemein knapper Finanzmittel und enorm vieler Renovierungswünsche innerhalb des Erzbistums noch so gut geklappt hat.
Sehr schade allerdings – so die weiteren Gedanken – sei es, dass, gerade jetzt in einer Zeit der Pandemie, wo es sehr gute Gründe zum Beten gibt, die großen Wallfahrten und Zusammenkünfte nicht möglich sind. „Wieder auf Gott besinnen!“ – das ist der Rat von Kirchenpfleger Selig in diesen unruhigen Zeiten. hö

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