„Sieben-Tages-Inzidenz nicht als reines Maß für Lockerungen“
Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März und der Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses Rosenheim, Andreas Bensegger, kritisieren den Fokus auf die Sieben-Tage-Inzidenz als reines Maß für mögliche Lockerungen des Lockdowns.
Der alleinige Blick auf diesen Richtwert mache eine Planungssicherheit für Unternehmerinnen und Unternehmer in der Stadt unmöglich und sei auch nicht mehr verhältnismäßig, erklären die beiden. „Auch Kunden, Gäste und Besucher kennen sich nicht mehr aus.
Die aktuellen Regeln werden die Situation für die Unternehmen drastisch verschlechtern, nicht verbessern“, betonen März und Bensegger. Die Stadt Rosenheim hatte zu Beginn des Wochenendes die Grenze von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen überschritten. Damit sind nach den neuen Beschlüssen von Bund und Ländern aus der vergangenen Woche derzeit keine Öffnungen des Einzelhandels möglich – mit Ausnahme von Click & Collect, dem Abholen zuvor im Internet oder per Telefon bestellter Ware im Laden.
Oberbürgermeister März erklärt: „Die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten haben mit ihren beschlossenen stufenweisen Lockerungsplänen ein bürokratisches Monster erschaffen, das mehr Augenwischerei statt konkrete Perspektive ist. Der täglich notwendige Blick auf die Inzidenz und die „Rechnerei“, welche Geschäfte eigentlich geöffnet sind, bietet Geschäftsinhabern und Kunden kaum Planungssicherheit und wird den Rückgang der Kundenfrequenz in der Rosenheimer Innenstadt weiter verstärken. Stattdessen wird ein Einkaufstourismus an Orte mit niedrigerer Inzidenz gefördert, an dem sich die Kundinnen und Kunden aller Voraussicht nach ballen werden. Das ist aus infektiologischer Sicht kontraproduktiv!“
Bensegger bemängelt als Vorsitzender des IHK-Regionalausschusses Rosenheim, dass die Unternehmen in der Stadt wieder nicht planen können, wie es weitergehe. „Wie soll man Termine mit Kunden ausmachen, sein Personal einteilen oder die eigene Ware vermarkten, wenn völlig unklar ist, ob man wenige Tage nach einer Öffnung wieder zusperren muss“, kritisiert Bensegger. „Die Hoffnung der Betriebe nach wirtschaftlicher Erholung hängt jetzt von einem Wert ab, der sich täglich ändert.“ Der Wirtschaft drohe ein Drehtür-Effekt, also ein ständiges Auf- und Zusperren. „Das verprellt Kunden und Gäste, die nicht ständig vor dem Einkaufen den aktuellen Inzidenzwert prüfen wollen. Das fügt der Wirtschaft in unserer Stadt und in der ganzen Region auch langfristig Schaden zu“, warnt der Ausschussvorsitzende.
Für einen wirtschaftlichen Neustart braucht es andere Rahmenbedingungen. Bensegger erklärt deswegen, für Lockerungen müsse man sich von der Fixierung auf die Inzidenz lösen. „Click&Collect, Einkaufen nach Terminvereinbarung oder Zutritt nur mit attestiertem Schnelltest beziehungsweise Selbsttest sind Beispiele, wie Einkaufen im Einzelhandel auch unabhängig von einem starren Inzidenzwert möglich ist und mit Einhaltung aller Schutz- und Hygienemaßnahmen gleichzeitig den Infektionsschutz von Kunden und Personal gewährt.“ Der Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses erinnert daran, dass die staatlichen Hilfen alleine nicht ausreichen, langfristig das Überleben der vom Lockdown betroffenen heimischen Betriebe zu sichern. „Sie brauchen wieder selbst generierte Umsätze.“
Oberbürgermeister März und IHK-Regionalausschussvorsitzender Bensegger fordern von der Bundes- und Landespolitik, dass beim Impfen und Testen endlich Fortschritte gemacht werden. „Wir verschlafen viele Maßnahmen, durch die der Wirtschaft endlich wieder Normalität, Zuversicht und Perspektive gegeben werden könnte. Wir beschäftigen uns mehr mit Szenarien zur Schließung, als mit konkreten Plänen, wie wir bald mit entschiedenem Impfen und Testen aus dieser Krise herauskommen.“