Rosenheimer Jäger rufen Landwirte zur engen Abstimmung und Zusammenarbeit auf
Die erste Mahd wird jedes Jahr zur Todesfalle für Tausende von Jungtieren. Denn die Futterernte fällt mit der Brut- und Setzzeit von Rehkitzen, Junghasen und Wiesenbrütern zusammen, die in Wiesen und Grünroggen ihren Nachwuchs sicher wähnen. Ihre Überlebensstrategie, das „Drücken“ schützt Kitze und Junghasen vor Fuchs und Greifvögeln, aber nicht vor dem Kreiselmähwerk.
Allein rund 100 000 Rehkitze werden laut Bayerischer Landesanstalt für Landwirtschaft jährlich bei der ersten Grünlandmahd grausam verstümmelt oder getötet. Das Problem: Die Jungtiere laufen auch bei großer Gefahr nicht weg, sondern drücken sich instinktiv in ihr Versteck. Maschinen mit großer Arbeitsbreite fahren oft mit hoher Geschwindigkeit über die Felder. Da haben die Tiere keine Chance mehr.
Franz Sommer, Vorsitzender der Jägervereinigung Rosenheim, bittet die Landwirte, sich eng mit ihren Jägern vor Ort abzustimmen. „Landwirte und Jäger stehen gemeinsam in der Verantwortung, etwas gegen den Mähtod zu tun. Die einen aus jagdethischer Verpflichtung heraus, die anderen von Gesetzes wegen. Wenn Bauern und Jäger partnerschaftlich zusammenarbeiten und die Landwirte ihre Jäger rechtzeitig über den Erntetermin informieren, hat der Jagdpächter die Möglichkeit, Wildscheuchen aufzustellen und die Wiesen und Felder nach Jungwild abzusuchen. So lässt sich der grausame Mähtod zu einem großen Teil verhindern.“
Besonders gefährdet sind Wiesen und Futterflächen, die am Waldrand liegen. Denn die Rehgeißen setzen ihre Kitze besonders gern in die Wiese. Dort sind sie besser vor ihren Fressfeinden geschützt und Geiß und Kitz finden einen besonders üppig gedeckten Tisch. Das frische eiweißreiche Gras fördert die Milchbildung beim Muttertier und liefert erste saftige Nahrung für die Kitze.
Um die Jungtiere zu retten, sind in den nächsten Wochen wieder Hunderte von Jägern mit ihren Hunden unterwegs, um die Wiesen und Futterfelder nach Kitzen und Junghasen abzusuchen.
Es gibt aber auch noch andere Möglichkeiten, den Rehen den Aufenthalt in der Wiese zu verleiden und sie dazu zu bringen, ihre Kitze herauszuholen. So stellen viele Jäger am Rand der Wiese Scheuchen auf, die die Rehe dann verunsichern sollen. Noch besser funktionieren sogenannte elektronische Wildscheuchen, die unterschiedliche Töne, wie Menschenstimmen, Musik oder Geräusche in unterschiedlicher Lautstärke aussenden.
Immer öfter übernimmt heute eine Drohne die Suche nach dem versteckten Nachwuchs. Das ist die sicherste Art, die Kitze zu finden, denn die Drohnen arbeiten mit einer Wärmebildkamera. Drohnen können mit der Schlagkraft in der Landwirtschaft mithalten. In nur wenigen Minuten wird die ganze Wiese ohne Unterbrechung abgesucht. Nach dem Flug erhält man automatisch die genauen Koordinaten von der Stelle, an der ein Kitz oder ein kleiner Hase liegen könnten. Mithilfe dieser Koordinaten kann der Jäger die Jungtiere in der Wiese schnell finden und bergen. Das kommt auch den Landwirten zugute. Sie können ihre Wiesen ohne Unterbrechung und ohne Zeitverlust mähen, entscheidend im engen Zeitfenster für die Futterernte.
In unserer Region steht zur Absuche der Wiesen die Wildtierhilfe Amerang e.V. zur Verfügung. Zur Abstimmung von Terminen für die Absuche kann unter den folgenden Kontaktdaten die Kitzrettung organisiert werden: E-Mail: kontakt@wildtierhilfeamerang.org oder per Mobiltelefon unter 01 52/03 93 27 63 für den Bereich Rosenheim-Prien. Übrigens, zur Verstärkung des Teams werden auch noch weitere Bergungshelfer und Drohnenpiloten gesucht.
Auch die richtige Mähstrategie hilft, Jungtiere vor dem Mähwerk zu schützen. Beim Grünlandschnitt muss – so verlangt es das neue Artenschutzgesetz – die Wiese grundsätzlich von innen nach außen gemäht werden, damit Rehe, Hasen und Fasane während der Mahd noch die Möglichkeit zur Flucht haben.
„Am wichtigsten aber“, so Vorsitzender Sommer, „ist die gute Abstimmung zwischen dem Landwirt und seinem Jäger. Wir müssen es einfach rechtzeitig wissen, wann gemäht wird, nicht erst eine Stunde vor dem Mähen. Denn nur dann können auch wir rechtzeitig aktiv werden. Schließlich wollen wir doch alle vermeiden, dass Tiere so grausam zu Tode kommen“.