„Dahoam gut leben“
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„Dahoam gut leben“

Caritas-Zentrum und Sozialamt Rosenheim gehen neue Wege in der Seniorenarbeit

Das wollen wohl die meisten Bürgerinnen und Bürger: selbstbestimmt und gut versorgt im Alter möglichst lange in der vertrauten Umgebung, dem eigenen Zuhause leben zu können. Manche Lebensumstände führen allerdings dazu, dass dieser Wunsch unerfüllbar oder schwer umsetzbar erscheint.

Das kann an so alltäglichen Dingen wie Stolperfallen oder einer nicht barrierefreien Wohnung liegen. Vielleicht wird der Einkauf oder Besuch beim Arzt für den älteren Menschen zum unüberwindbaren Hindernis. Viele Senioren und Seniorinnen sind auch von Einsamkeit bedroht: Die Angehörigen wohnen nicht in Rosenheim, der Partner ist bereits gestorben, die sozialen Kontakte zu Freunden oder Nachbarn eingeschlafen.
Ein neues Angebot des Caritas-Zentrums und des Sozialamtes Rosenheim in Kooperation mit der Sozialen Stadt Rosenheim setzt genau hier an. „Dahoam gut leben“, der Projektname ist tatsächlich auch Programm und umschreibt genau das Ziel der Sozialen Dienste Seniorinnen und Senioren (SDS), die Anfang dieses Jahres ihre Arbeit aufgenommen haben. Finanziert wird das Angebot aus Mitteln der Deutschen Fernsehlotterie und der Getraud-Stumbeck-Stiftung. Seit Februar besuchen die Caritas-Mitarbeiterinnen und erfahrene Sozialpädagoginnen Sabine Fischer und Ramona Gehrlicher Seniorinnen und Senioren der Stadt Rosenheim in ihrem Zuhause.

In einem kostenlosen, ausführlichen und selbstverständlich vertraulichen Gespräch ist hier die Möglichkeit, sämtliche Themen des Älterwerdens anzusprechen und ausführlich alle damit zusammenhängenden Fragen zu beantworten.

Wie kann man die derzeitige Lebenssituation verbessern, braucht es spezielle Hilfsmittel wie Hausnotruf, Gehhilfen oder Badewannensitz? Wie kann man seine Wohnung barrierefrei gestalten und welche Fördermittel gibt es dazu vom Staat? Welche Organisationen in Rosenheim bieten spezielle Veranstaltungen für Senioren und Seniorinnen an? Was hat es mit Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung auf sich? Immer geht es darum, ein individuell auf die Lebenssituation und die Wünsche des einzelnen älteren Menschen abgestimmtes Vorschlagspaket zu schnüren.
Grundlagen eines jeden Hausbesuchs und einer jeden Beratung durch die beiden Sozialpädagoginnen sind Freiwilligkeit und Respekt. Ein Rosenheimer, der durch einen Artikel auf das Angebot aufmerksam wurde und das Beratungsangebot zu Hause angenommen hat, berichtet: „Wie entlastend war es für mich, der Beraterin alle Fragen stellen zu können, die ich auf dem Herzen hatte. Und dass jemand da war, der mir aufmerksam und interessiert zuhörte. Ich erhielt konkrete Informationen und Adressen von Hilfsdiensten für Senioren und Seniorinnen in der Stadt Rosenheim. Alles in allem bin ich nun sehr beruhigt und kann mit meiner Frau konkrete Schritte tun. Ich weiß auch, dass ich mich jederzeit wieder ans Caritas-Zentrum wenden kann, wenn neue Fragen auftauchen oder Handlungsbedarf besteht.“

Senioren und Seniorinnen, die sich aktiv bei den Caritas-Mitarbeiterinnen melden, sind eine Seite der Medaille. Es gibt allerdings auch Menschen, die von dem Angebot nichts wissen und trotzdem diese Hilfe brauchen können, berichtet Christian Meixner, Leiter des Sozial-, Wohnungs-, Versicherungs- und Grundsicherungsamtes der Stadt Rosenheim. „Bei unseren täglichen Kontakten mit Bürgerinnen und Bürgern, die Leistungen der Grundsicherung im Alter beziehen, haben wir schon länger festgestellt, dass es so etwas wie einen allgemeinen Sozialdienst für ältere Mitbürger braucht“, so Meixner. Etwa der folgende Fall: Die Sachbearbeiterin des Sozialamtes macht sich Sorgen um die kinderlose, 75-jährige Frau W. Als Empfängerin von Grundsicherung im Alter kommt sie normalerweise regelmäßig im Amt vorbei. Nun war sie schon länger nicht mehr hier und antwortet auch nicht auf Post. Da die Seniorin keinen Telefonanschluss hat, bittet die Sachbearbeiterin eine Mitarbeiterin der Caritas um einen Hausbesuch bei Frau W. Sie wird schauen, wie es der Seniorin geht, sowie deren Unterstützungsbedarf abklären. Die Dame freut sich sehr, als die Sozialpädagogin bei ihr läutet und erklärt sich mit einem Hausbesuch einverstanden. Da Frau W. als fremdsprachige Bürgerin nur wenig Deutsch kann, bittet sie einen vertrauten Nachbarn zu übersetzen. Schnell kommt Licht in die Lebenssituation: Nachdem der Ehemann der Seniorin kürzlich verstarb, stürzte sie in eine schwere gesundheitliche Krise. Es folgten mehrere Wochen Krankenhausaufenthalt. Die Post blieb ungelesen liegen, auch wegen der Sprachbarriere. Die Caritasmitarbeiterin erfährt, dass Frau W., die sehr geschwächt ist, unbedingt Hilfe bei den Haushaltsarbeiten benötigt. Sie stellt den Kontakt zu einem Dienstleister her und erfragt bei der Sachbearbeiterin im Sozialamt die Kostenübernahme im Rahmen der Grundsicherung oder Sozialhilfe. Da sich die gesundheitliche Situation von Frau W. maßgeblich verschlechtert hat, rät die Beraterin der Caritas zu einer Antragstellung für einen Pflegegrad. Hier will der Nachbar unterstützen. Seine Frau geht schon jetzt regelmäßig für Frau W. einkaufen. Bei einem weiteren Hausbesuch wird die Sozialpädagogin mit der Witwe noch Ordnung in die liegengebliebene Korrespondenz bringen, was Frau W. sehr erleichtert.

Bürgerinnen und Bürger, die die Beratung für ein selbstbestimmtes Leben im Alter in Anspruch nehmen wollen, können sich unter der Telefonnummer 0 80 31/ 2 03 70 melden. Aber auch das soziale Umfeld von Senioren, etwa Verwandte, Freunde, Ärzte, die sich Sorgen um einen älteren Menschen machen, können sich unter dieser Nummer informieren.

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