Landkreis Rosenheim ehrt „Verwaiste Eltern Rosenheim“ mit dem Sozialpreis 2018
So mucksmäuschenstill wie bei der Verleihung des Sozialpreises 2018 des Landkreises Rosenheim ist es selten im großen Sitzungssaal des Rosenheimer Landratsamtes in der Wittelsbacherstraße. Mit „Verwaiste Eltern Rosenheim“ wurde eine Selbsthilfegruppe geehrt, die sich einem gesellschaftlichen Tabuthema annimmt.
Der stellvertretende Landrat Josef Huber sprach in seiner Begrüßung zunächst die grundsätzliche Bedeutung des Ehrenamtes in unserer Gesellschaft an. Konkret zu den diesjährigen Preisträgern sagte er, dass auch sie für andere Menschen da sind, die sich allerdings in einer besonderen Ausnahmesituation befinden: „Es ist eine Situation, die man keinem Menschen wünscht. Es ist eine Situation, an der Familien und Menschen zerbrechen können, denn wenn das eigene Kind stirbt, dann gibt es nichts, was diesen Schmerz lindern kann.“
Auf das Außergewöhnliche an diesem Ehrenamt machte die Laudatorin, die Geschäftsstellenleiterin des Jakobus Hospizvereins e.V. Barbara Noichl aufmerksam: „Dirk und Sigrid Scholz haben sich nicht bewusst für ein Ehrenamt entschieden. Sie hätten sich lieber ein normales Leben gewünscht, mit Mama, Papa, Tochter. Alles schien positiv zu sein und dann kam es ganz anders.“ Tochter Miriam starb mit acht Jahren, weil sie versehentlich den Deckel eines Filzstiftes verschluckt hatte.
„Die Eltern fielen in ein unendlich großes Loch, ein Zustand, der bis heute nicht überwunden ist“, fuhr Barbara
Noichl fort, „diejenigen, die selbst betroffen sind, wissen von dieser ungeheueren Erschütterung.“ Die Preisträger stellten sich der Trauer, lange Jahre, dann wollten sie aktiv werden. Dirk und Sigrid Scholz ließen sich auf eigene Kosten zu Gruppenleitern ausbilden, um eine Selbsthilfegruppe leiten zu können. Zudem wurden sie Akuthelfer, Menschen also, die noch vor der Beerdigung Betroffene unterstützen.
Das Ehepaar Scholz gründete die Selbsthilfegruppe „Verwaiste Eltern Rosenheim“ 2001. Seitdem leiteten sie 416 Gruppenabende und begleiteten 149 Eltern, die um 138 tote Kinder trauern. „Wir sind froh, dass es diese Gruppe in Rosenheim gibt, das ist nicht selbstverständlich“, sagte
Noichl. Direkt an das Ehepaar Scholz gewandt fuhr sie fort: „Wie gut, dass Eure eigene Tochter Euch so motiviert hat, sich zu engagieren. Seit fast 30 Jahren trauert Ihr um sie. Miriam wäre heute 37 Jahre alt. Sie würde sagen, das habt Ihr wirklich gut gemacht.“
Der Sozialpreis des Landkreises Rosenheim wird durch den Kreisausschuss verliehen.