Warum die Kunden eines Haidholzener Frischemarktes genau auf ihre Parkgewohnheiten achten sollten
Über ein Jahr war die Straße vor dem Edeka Frischemarkt von Alma Ulber in der Hubertusstraße im Stephanskirchener Ortsteil Haidholzen Baustelle. Eine neue Fahrbahn mit Seitenstreifen und ein Kreisverkehr direkt vor der Einfahrt zum Parkplatz des örtlichen Nahversorgers wurden im letzten Jahr fertiggestellt. „Endlich“, dachten sich nicht nur die zahlreichen Kunden des Marktes, sondern natürlich auch die Betreiberin und ihr Team. Schließlich hatte die Baustelle doch für empfindliche Umsatzeinbußen gesorgt. Nun aber war die Zufahrt wieder frei, der eigene Parkplatz konnte wieder ungehindert genutzt werden und die Kunden wieder „ihren“ Markt problemlos erreichen.
Doch das Leben spielt oft anders als gewünscht. Denn seit etwa einem Vierteljahr taucht regelmäßig ein Herr mit Fotoapparat in der Straße auf. Seine begehrten Motive: Automobile, die falsch geparkt sind und hier vor allem diejenigen, die, wenn der Parkplatz des Geschäfts voll ist, an der Straße vor dem Frischemarkt zu einem Teil auf dem Gehsteig stehen. Die Bilder sendet der Mann, der nicht weit entfernt in einer anliegenden Straße wohnt, an die Polizei und ruft die Beamten im Rosenheimer Polizeipräsidium an. Dann müssen diese auch ausrücken und die Falschparker mit einem Knöllchen versehen. Für die Kunden, die dies mitbekommen, ist das natürlich nicht unbedingt ein Anreiz, das innerörtliche Geschäft zu besuchen, speziell zu den Stoßzeiten, wenn die hauseigenen Parkplätze manchmal etwas knapp werden.
Inhaberin Alma Ulber ist darüber naturgemäß alles andere als glücklich: „Seit 40 Jahren besteht der Markt an dieser Stelle, und in dieser ganzen Zeit gab es keine Beschwerden. Einige unserer Kunden haben nun Strafzettel bekommen und sind natürlich enttäuscht. Manche trauen sich auch nicht mehr zu uns.“
Ganz klar muss festgestellt werden, dass der „Fotograf“ im Recht ist: Das Parken auf dem Gehweg ist verboten, egal ob, wie in den allermeisten Fällen, noch genügend Platz für Fußgänger – auch mit Kinderwagen oder Gehhilfe – bleibt, oder nicht. 15 Euro werden fällig, wird man erwischt. Auf diesem Recht beharrt der fleißige Anschwärzer. „Der Mann ist höflich und korrekt, da kann man nichts sagen“, schildert Ulber bisher stattgefundene Gespräche, „man hat halt den Eindruck, es geht ihm ums Prinzip, und davon will er nicht abrücken.“ Auch wenn er damit den Betreibern und den Kunden das Leben schwer macht. Ob die Polizei froh ist, den zahlreichen Anzeigen nachgehen zu müssen, auch wenn in den wenigsten Fällen eine echte Behinderung besteht, darf bezweifelt werden.
Für die Geschäftsfrau, die mit ganzem Herzen am einzigen Lebensmittler im Haidholzener Ortkern hängt, geht der Vorgang an die Substanz: „Mir tut es weh, einen Mitbürger zu haben, der meine Kunden vergrault. Das ist geschäftsschädigend“. Wohlwissend, dass sie daran aber nichts ändern kann, bittet sie ihre Kunden, sich genau an die Verkehrsregeln zu halten: „Erlaubt ist das Parken neben dem Gehsteig. Das machen die meisten nicht, weil dadurch die ohnehin realtiv enge Straße für den Durchgangsverkehr zusätzlich verschmälert wird. Aber so entgeht man dem Strafzettel.“ Oder man wartet auf ein Freiwerden eines der Kundenparkplätze, erfahrungsgemäß dauert dies höchstens wenige Minuten.
Einen Nahversorger im Ortskern, das wollen und brauchen viele, gerade ältere Anwohner, die den Weg zum entfernteren Supermarkt nur schwer bewältigen können. Sie wären wohl nur mäßig erfreut, wenn ein weiterer von ihnen verschwinden würde, weil Recht unbedingt Recht bleiben muss – um des Rechts willen. nu