Leben in Deutschland und Arbeit finden – wie geht denn das?
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Leben in Deutschland und Arbeit finden – wie geht denn das?

Integrationskurs speziell für Asylbewerberinnen

Ein Spielplatz – was ist das? Einige Frauen stehen mit ihren Kindern am Rand, wundern sich, staunen. Sie kommen aus Nigeria, Eritrea, Somalia, Afghanistan und Syrien, sind – manchmal nach jahrelanger Flucht – endlich in Deutschland angekommen und möchten gerne hier leben und arbeiten. Sie kennen sich seit ein paar Wochen und machen heute gemeinsam einen Ausflug. Dieser findet im Rahmen einer Maßnahme statt, die sich „Perspektive für Flüchtlingsfrauen“ nennt.

Der von den beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz gGmbH) organisierte und von der Agentur für Arbeit Bad Tölz/Wolfratshausen finanzierte Kurs ist deutschlandweit fast einmalig. Er will Müttern mit Fluchthintergrund eine erste Orientierung bieten. Hauptziel ist es, die 16 Teilnehmerinnen in 16 Wochen in der deutschen Sprache und auch vor ihrem kulturellen Hintergrund als „Familienfrau“ so fit zu machen, dass sie eine Ausbildung oder eine Arbeitsstelle finden. Dazu werden die bereits vorhandenen Qualifikationen und Kompetenzen der Frauen geprüft und sie erhalten die Möglichkeit diese sowie die während des Kurses vermittelten Kenntnisse in einem Praktikum im Echtbetrieb zu erproben. Außerdem werden sie über das Bildungssystem und die Arbeitswelt in Deutschland informiert und bekommen EDV- und Bewerbungstraining. „Alle sind sehr eifrig und motiviert bei der Sache, und einige Frauen haben durch die Praktika bereits erste wichtige Kontakte für ein späteres Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis geschaffen“, sagt Andria Maddison-Lund, die das Seminar beim bfz leitet.
Und weiter: „Die eigentliche Herausforderung für alle Beteiligten ist auch eine interkulturelle. Die Rolle als Frau und als Mutter ist in ihren Heimatländern eine ganz andere. Viele kennen es nicht anders, als ihre Babys in der Großfamilie aufzuziehen und am Körper bei sich zu tragen, bis sie drei Jahre alt sind. So ist aber die Teilnahme an Unterricht und Praktikum schwierig bis unmöglich. Deshalb musste bei einigen Frauen regelrecht Überzeugungsarbeit geleistet werden, ihren Nachwuchs in fremde Hände zu geben. Bei anderen klappte es von Anfang an hervorragend. Die Kinder befinden sich jetzt alle vormittags in bester externer Betreuung, während ihre Mütter in Ruhe lernen beziehungsweise arbeiten können – ein erster gelungener Schritt in die Integration.“
Die Standortleiterin beim bfz, Dorothea Frank, ist optimistisch, dass es die „Power-Frauen“, wie sie diese Gruppe mit einem Augenzwinkern nennt, mit weiterer fachlicher und sozialpädagogischer Unterstützung noch weit schaffen werden. Auch die Agentur für Arbeit freut sich über den erfolgreich laufenden Kurs und wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass auch für Asylbewerberinnen Integrationsmöglichkeiten entstehen und gelingen.

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