Die geselligen Raupen fressen Blätter und spinnen Gehölze zum Schutz vor Feinden in Seidenschleier
Kahle, silbrig glänzende Bäume und Sträucher sorgen in ganz Bayern seit einigen Tagen für Aufsehen bei Spaziergängern und Hobbygärtnern. „Verantwortlich für das Phänomen der gespenstig anmutenden, wie in Seide gewickelten Bäume und Sträucher sind die harmlosen Gespinstmotten“, erklärt LBV-Insektenexpertin Dr. Gisela Merkel-Wallner. Die geselligen Raupen der Motte fressen die Blätter der Gehölze und spinnen sich zum Schutz vor Feinden und Wetter großflächig ein. Sie haben guten Grund dazu, denn etwa 80 verschiedene Insekten und auch Singvögel lassen sich die Raupen gerne schmecken.
Zurzeit sind vielerorts an Weg-, Straßen- und Waldrändern oder in Parkanlagen silbrig glänzende, kahl gefressene Bäume und Sträucher zu beobachten. Die Ursache für die gespenstische Verkleidung sind die Raupen einiger Gespinstmottenarten. „Die kleinen Raupen überziehen die Stämme, Äste und Zweige mit einem seidigen Schleier und fressen in dessen Schutz die Blätter der Gehölze vollständig ab“, so die LBV-Insektenexpertin. Die geselligen Raupen befallen vor allem Traubenkirschen. Aber auch Weißdorn, Pfaffenhütchen, Pappeln oder Weiden sind bisweilen mit einem dichten Gespinst überzogen. In Ausnahmefällen werden auch Obstbäume befallen.
„Das alljährliche massenhafte Auftreten der Gespinstmotten stellt keine Gefahr für den Menschen dar, denn die Gespinste und Raupen sind, anders als die hochallergenen Larven des Eichen-Prozessionsspinners, ungefährlich“, weiß Merkel-Wallner. Auch den befallenen Gehölzen schadet der Kahlfraß nicht. Noch im gleichen Jahr treiben sie mit dem sogenannten Johannistrieb um den 26. Juni herum wieder aus. Zu diesem Zeitpunkt haben sich die Raupen bereits verpuppt oder sind als Falter schon ausgeflogen. Bald darauf lässt sich nichts mehr von den silbrigen Gespinsten und dem Kahlfraß der Sträucher und Bäume erkennen.
Die natürlichen Feinde der Gespinstmottenlarven sind zahlreich: „Fast 80 verschiedene Insekten, darunter Schlupfwespen und Raubwanzen, erbeuten den Nachwuchs der Gespinstmotten. Auch zahlreiche Vogelarten verwenden die Raupen gerade zu dieser Jahreszeit als Babynahrung für die Aufzucht ihrer Jungvögel“, erklärt die LBV-Fachfrau. Die Tiere mit Gift zu vernichten ist deshalb nicht ratsam, da dadurch auch die natürlichen Feinde der Gespinstmotten vernichtet werden. Außerdem sind die Raupen, sobald das Gespinst einmal ausgebildet ist, kaum noch mit chemischen Mitteln zu bekämpfen.
Sollte ausnahmsweise doch ein Obstbaum im Garten befallen sein, ist schnelles Handeln gefragt. Gartenbesitzer sollten am besten noch vor dem Ausbilden des Gespinstes die Tiere absammeln. Die Gefahr eines flächenhaften Kahlfraßes besteht jedoch nicht. „Die Tiere sind speziell an ihre Futterpflanzen angepasst und verhungern, wenn sie sich über andere Baum- oder Straucharten hermachen“, so Merkel-Wallner.