Hilfe mit Rat und Tat, wenn die Lehre auf der Kippe steht
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Hilfe mit Rat und Tat, wenn die Lehre auf der Kippe steht

Der Verein Pro Arbeit steht Betrieben und Auszubildenden hilfreich zur Seite

Noch vor wenigen Jahren war es für viele junge Leute schwierig, einen Ausbildungsplatz zu finden. Inzwischen ist es umgekehrt: Händeringend suchen Arbeitgeber Nachwuchs für die verschiedensten Berufe. Dass beide Seiten nicht auf Anhieb zusammenpassen, kommt nun aber öfter vor. Erschreckend häufig wird die Ausbildung in den ersten Monaten abgebrochen, in manchen Berufsfeldern liegt die Rate bei 25 Prozent. Mit einem speziellen Coaching versucht der Rosenheimer Verein Pro Arbeit, dieses Problem zu lösen, bevor alles zu Bruch geht.

Für den heute 19-jährigen Michael stand schon immer fest, dass er ein Handwerk erlernen wollte. Im September 2014 trat er seine Lehrstelle als Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik bei der Firma Hans Sporer GmbH an, einem alteingesessenen Familienbetrieb, der 2016 mit dem Ausbildungspreis der Stadt Rosenheim ausgezeichnet worden ist. Im Betrieb selbst gibt es für ihn keinerlei Probleme, doch ließ der junge Mann anfangs die Berufsschule schleifen, und den versäumten Stoff konnte er auch mit Nachhilfe nicht mehr aufholen. Dem Einsatz seines Chefs Christian Sporer bei der Handwerkskammer und bei der Berufsschule ist es letztlich zu verdanken, dass Michael das erste Lehrjahr wiederholen durfte. „Ich habe einen Anstoß gebraucht“, bekennt der 19-Jährige. In Gesprächen mit Coach Alexander Halle-Krahl vom Verein Pro Arbeit wurde ihm klar, dass er selbstständiger werden musste. „Jetzt haut das super hin“, bestätigt Firmeninhaber Christian Sporer, der schon wiederholt gute Erfahrungen mit dem Verein gemacht hat. Umso mehr fühlt er sich darin bestärkt, jungen Menschen, bei denen bis dahin nicht alles glattgelaufen ist, auch in Zukunft eine Chance zu geben. Dass Michael nach seiner Lehre im Betrieb bleibt, ist für beide Seiten bereits so gut wie beschlossen.

Seit Februar 2013 betreute der gemeinnützige Verein im Projekt Ausbildungscoaching 207 junge Menschen. Etwa 50 brauchten nur eine Krisenintervention, um ihre Ausbildung fortsetzen zu können, dabei war meist nicht einmal der Kontakt zum Betrieb nötig. Weitere 45 konnten trotz schwieriger Startbedingungen die Lehre erfolgreich abschließen. Bei 24 ist das nicht gelungen. Die Hälfte arbeitet ungelernt oder die jungen Leute haben nochmal die Schulbank gedrückt. Manche suchen danach auch wieder den Kontakt zu Pro Arbeit und wollen Unterstützung bei der neuen Lehrstellensuche. Die andere Hälfte konnte direkt in eine neue Lehrstelle vermittelt werden. Der Rest ist noch in Ausbildung und wird diese voraussichtlich in diesem Jahr und den folgenden abschließen.
Für Dominik war die Schule ebenfalls ein rotes Tuch – und zwar von jeher. Nach der Mittelschule wollte er deshalb unbedingt ins Berufsleben starten. Ihn konnte Pro Arbeit Rosenheim gleichfalls in eine Ausbildung vermitteln – als Verkäufer im Prechtl-Frischemarkt in Bad Aibling. Wegen seiner Schulangst stand die Lehre allerdings recht schnell auf der Kippe. Auch bei ihm trug die Betreuung durch Pro Arbeit Früchte: Nach und nach legte Dominik seine Schulangst ab. Das berühmte „Zehnerl“ fiel gerade noch rechtzeitig. So konnte er nach zwei Jahren Verkäufer-Lehrzeit den Einzelhandelskaufmann draufsatteln, sogar mit besseren Noten als in der Abschlussprüfung zum Verkäufer. Inzwischen ist der 21-Jährige zum Leiter der Obstabteilung aufgestiegen.
Monika Prechtl, verantwortlich für den Personalbereich in dem Raublinger Unternehmen mit rund 300 Mitarbeitern in drei Frischemarkt-Filialen, setzt auf die Kooperation mit Pro Arbeit und greift gerne auf die Unterstützung zurück, wenn ihre Auszubildenden beispielsweise private Probleme belasten: „Das können wir als Arbeitgeber nicht abfangen.“ Sie macht aber keinen Hehl daraus, dass es letztlich die Jugendlichen sind, die gefordert sind. „Wir können nur den Anstoß geben“, sagt sie.
Ein offenes Ohr für Probleme oder auch mal eine klare Ansage, das wirkt in vielen Fällen Wunder. „Enge Kontakte zu den Kollegen an den Berufsschulen, zu den Betrieben in der Region sowie zu Behörden, Beratungsstellen und anderen Trägern sind zudem immens wichtig“, macht der Vereinsvorsitzende Harald Neu deutlich. Nur so könnten ehemalige Wackelkandidaten später Erfolgsgeschichten erzählen.

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