Zusammenhalt stärken
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Zusammenhalt stärken

Landrat Wolfgang Berthaler schaut zurück auf das Jahr 2016

Wir leben in unruhigen Zeiten: Viele Menschen sind nicht zuletzt durch die Ankunft von Tausenden von Flüchtlingen in den letzten beiden Jahren daran erinnert worden, dass wir auch in Stadt und Landkreis Rosenheim nicht auf einer Insel leben, dass sich die Gesellschaftsstruktur hierzulande verändert.

Bei seiner Rückschau auf das vergangene Jahr spricht Landrat Wolfgang Berthaler die Herausforderungen, vor die sich der Landkreis gestellt sah, auch offen an: „Im Herbst 2015 wurden wir sozusagen mit der Ankunft der Flüchtlinge ins kalte Wasser geworfen. Sehr dankbar waren wir dabei für die Unterstützung das Freistaates, Defizite gab es allerdings hier beim Bund.“ Man habe mit viel Einsatz und Engagement für geeignete Infrastruktur gesorgt, Unterkünfte bereitgestellt und die Betreuung minderjähriger, unbegleiteter Flüchtlinge sichergestellt: „In dieser Zeit haben wir dafür einen Stab von rund 50 kompetenten Mitarbeitern aufgebaut.“ Inzwischen habe sich die Lage deutlich entspannt, seitdem im Frühjahr dieses Jahres die Zuweisungen von festen Menschenquoten aufgehört haben: „Damit ist der permanente Druck unter dem wir standen, weggefallen.“

Sehr verwundert zeigte sich Wolfgang Berthaler über die übermäßige Aufregung mancher Bürger, die sich nachhaltig etwa über die vorübergehende Belegung von Turnhallen zur Unterbringung geflüchteter Menschen beschwerten: „Ich habe hier immer wieder klar gemacht, dass die Barmherzigkeit in Notsituationen eindeutig über der einen oder anderen Turnstunde steht“. „Deutschland geht es so gut wie schon lange nicht mehr, in unserer Region herrscht fast Vollbeschäftigung“, erinnert Wolfgang Berthaler in diesem Zusammenhang, gibt aber zu bedenken: „Doch was ist, wenn sich die Wirtschaftsdaten eintrüben?“ Eine Situation, so wie sie sich in den letzten beiden Jahren dargestellt habe, dürfe sich nicht mehr wiederholen, zumal auch die Bevölkerung eine derartige Herausforderung wohl nicht mehr mittragen würde, so Berthaler.

Jetzt gelte es, die Integration der neuen Bürgerinnen und Bürger bestmöglich zu gestalten. „Zu Parallelgesellschaften, wie es etwa in Frankreich schon der Fall ist, darf es nicht kommen. Dafür braucht es bezahlbaren Wohnraum und die Möglichkeit, sich durch entsprechende Aus- oder Weiterbildung eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen“, erklärt Wolfgang Berthaler. Großes Lob sprach er dabei nicht nur allen ehrenamtlichen Helfern sondern auch den engagierten Lehrern und Schulleitungen aus, die in den Integrationsklassen „viel Gutes leisten“.

Den Zusammenhalt der Menschen zu stärken, das ist überhaupt eines der Hauptanliegen des Rosenheimer Landrates. „Egal ob Einheimische oder Neubürger mit Migrationshintergrund, wir stellen fest, dass die Menschen immer mehr Hilfe brauchen. Die Gesellschaft verändert sich: Der Anteil an Alleinerziehenden wächst, immer mehr kranke oder ältere Menschen können nicht mehr zuhause gepflegt werden, immer mehr Familien brauchen Unterstützung bei der Erziehung ihrer Kinder“, stellt der Landrat fest. Dem trägt der Landkreis unter anderem Rechnung durch die deutliche Aufstockung des Personals, etwa im Jugendamt, in dem derzeit 102 Mitarbeiter beschäftigt sind, über 30 mehr als noch vor zehn Jahren. Bedauerlich dabei, so der Landrat: „Immer mehr Verantwortlichkeiten werden vom Bund auf das Land und dann auf die Gemeinden verlagert, aber an den dadurch steigenden Personalkosten beteiligt sich der Bund nicht!“

Für sehr wichtig erachtet Wolfgang Berthaler auch die Schaffung von Wohnraum: „Es ist zwar Sache der Gemeinden, den sozialen Wohnungsbau anzukurbeln, doch wir als Landkreis versuchen auch, unseren Beitrag dazu zu leisten und wollen zum Beispiel durch unsere Wohnbaugesellschaft 16 Wohn-Einheiten in Wasserburg schaffen“.

Leichte, teilweise öffentlich ausgetragene Unstimmigkeiten gab es im letzten Jahr mit dem Nachbarlandkreis Traunstein bei der anvisierten Gründung einer gemeinsamen touristischen Dachmarke. „Hier sind wir auf einem guten gemeinsamen Weg zu einer Einigung. Wir sind uns bewusst, dass wir nur gemeinsam optimale Chancen im Tourismus, diesem wirtschaftlich so wichtigen Zweig haben“, erläutert Wolfgang Berthaler. Im Übrigen habe diese Auseinandersetzung darüber hinweg getäuscht, dass es eigentlich eine sehr gute Zusammenarbeit mit dem Landkreis Traunstein gäbe. Bestes Beispiel sei dafür das mit der Stadt Rosenheim und den Landkreisen Berchtesgadener Land und Traunstein geplante Hospiz in Bernau, das in optimaler Kooperation verwirklich werde. Im Herbst des kommenden Jahres sei der Baubeginn für dieses wichtige Projekt geplant.

Für die Zukunft sieht Wolfgang Berthaler den Landkreis Rosenheim gut aufgestellt: Der finanzielle Gestaltungsspielraum für viele dringende Projekte ist vorhanden, die Kreisumlage kann um einen halben Prozentpunkt gesenkt werden, der neue Kreishaushalt sieht sogar einen Abbau der Schulden vor. So können auch viele Baumaßnahmen, etwa ein neues Krankenhaus in Wasserburg und die Instandhaltung zahlreicher Kreisstraßen und Schulen in Angriff genommen werden. Ganz besonders glücklich ist der Landrat außerdem über den Bau des neuen Landratsamtsgebäudes für 120 Mitarbeiter in der Wittelsbacherstraße: „Wir rechnen mit einer Fertigstellung Anfang 2018 und dann können endlich auch die Kollegen, die derzeit in ausgelagerten Außenstellen arbeiten, wieder hier an den Standort zurückkehren!“ Finsterwalder

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