„40 Tage ohne“: Was das Verzichten mit dem Menschen macht
Süßigkeiten, Kohlenhydrate, Alkohol, Rauchen, Smartphone oder Fleisch. All diese Dinge haben etwas gemeinsam. In der Fastenzeit werden sie seltener und gar nicht konsumiert. Denn viele Menschen fasten heutzutage nicht mehr klassich mit Gemüsebrühe, Tee und Wasser, sondern entscheiden sich bewusst für bestimmte Nahrungsmittel oder auf den Verzicht von Luxusgegenständen. Aber was hat diese Art von Fasten nun eigentlich für Einflüsse auf den Körper? Bringt es dem Menschen überhaupt etwas?
Das kommt selbstverständlich ganz darauf an, was für ein Produkt für 40 Tage aus dem Alltag gestrichen wird.
Zucker. Der Fastenzeit-Stereotyp schlechthin. Aber das ist auch berechtigt, denn übermäßiger Zuckerkonsum erhöht beispielsweise das Risiko für Übergewicht, Diabetes Typ 2, Bluthochdruck und Fettstoffwechselerkrankungen. Er ist schädlich für die Zähne und das Hautbild. Der Durschnittsmensch in Deutschland konsumiert jährlich 35 Kilogramm Zucker – empfohlen werden gerade einmal sechs Teelöffel täglich, also etwa zehn Kilogramm pro Tag.
Ein Umdenken scheint demnach zwingend notwenig. Allerdings ist dieser Prozess nicht einfach zu bewältigen, wenn man mal an die Massen an Zucker denkt, die versteckt in Lebensmitteln enthalten sind. Bei Soßen, Gewürzgurken und dem Frühstücksmüsli denken vermutlich die wenigsten an den Zuckergehalt. Es gibt 70 Bezeichnungen für Süßstoffe und Zucker, die bei den Inhaltsstoffen aufgelistet werden. Da überrascht es nicht, dass ein vollkommener Verzicht auch in der Fastenzeit kompliziert werden kann, was nicht heißen soll, dass es nicht machbar ist.
Manche entscheiden sich stattdessen einfach dafür, auf Kohlenhydrate zu verzichten. Brot, Reis und Pasta aber mit gutem Gewissen Lebwohl zu sagen, funktioniert nur in den seltensten Fällen. Denn da Kohlenhydrate sehr sättigend sind, überfällt viele, die dem Low-Carb-Trend folgen, oft ein Heißhungergefühl, das häufig in sogenannten Fressattacken endet. Außerdem bemänglen Kritiker, dass diese Ernährung sehr einseitig ist und Bluthochdruck und eine Überproduktion von Cortisol nach sich ziehen kann. Eine übermäßige Zufuhr von Fetten und Proteinen kann Arterien verstopfen und Herzkrankheiten verursachen.
Vielleicht lieber sechs Wochen vegetarisch? Viele Fastende setzen auf fleischlose oder gänzlich pfanzliche Ernährung. Verschiedenen Studien zufolge leben länger, haben bessere Blutdruckwerte, riechen besser und sind empathischer Vegetarier.
Allerdings muss auch festgehalten werden, dass Fleisch wichtige B-Vitamine, Eisen und Zink enthält.
Ökologisch gesehen ist Fleisch jedoch alles andere als gut für unsere Welt, rund 15 Prozent aller Treibhausgasemissionen lassen sich auf die Haltung und Verarbeitung von Tieren zurückführen. Unmengen an Regenwald werden abgeholzt, um zum Beispiel Soja anzubauen.
In erster Linie nicht, um Vegetarier zu verköstigen, sondern um Kraftfutter für die Tiere anzupflanzen.
Immer mehr in den Trend kommt der Verzicht auf das Smartphone. Ein Luxusgut, das normal geworden ist, und mittlerweile sogar vielen Menschen schadet. Ob es nun die Sucht ist, immer informiert sein zu müssen oder der Mangel an Zeit, weil man diese auf diversen Social Media-Plattformen verbringt beziehungsweise vergeudet. Eine Handy-freie Zeit tut sicherlich gut und zeigt jedem, dass es durchaus ohne ständiges Whatsappen und Snapchatten und Liken geht.
Unter einem ganz besonderen Motto steht übrigens die 40 Tage ohne-Fastenaktion der evangelischen Kirche 2019: „Mal ehrlich! Sieben Wochen ohne Lügen“ Sie lädt dazu ein, sich mit dem achten Gebot „Du sollst nicht lügen“ nochmals intensiv zu beschäftigen. Sollte oder darf man auf die Frage „Wie geht`s?“ mit „Gut“ antworten, obwohl es einem schlecht geht? Dem Finanzamt bei der Steuererklärung kleine Einnahmen verschweigen? Ein Essen loben, das einem gar nicht geschmeckt hat? Einem Bettler sagen, man habe eigentlich kein Kleingeld? Lauter kleine oder große „Notlügen“, mit denen man im Alltag unangenehmen Nachfragen oder Situationen aus dem Weg gehen will.
Egal, wofür man sich beim Fasten entscheidet: Es ist für den Menschen eine Herausforderung und bringt viele an ihre Grenzen. Dafür lernt man vielleicht auch wieder, Dinge wertzuschätzen, die man bisher als selbstverständlich angesehen hat. Oder man überdenkt, wie im Fall „Sieben Wochen ohne Lügen“ seine Alltagsgewohnheiten und entdeckt so neue Wege für sich und sein Leben.