25 Jahre Zuflucht für Frauen in Not
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25 Jahre Zuflucht für Frauen in Not

Frauenhaus Rosenheim feiert Jubiläum: Grund zum Feiern und zum Nachdenken

Mit vielen Wegbegleitern, Freunden und Unterstützern feierte der Sozialdienst Katholischer Frauen letzte Woche im Bildungszentrum das 25-jährige Bestehen des Frauenhauses Rosenheim. Ein Grund zur Dankbarkeit für die geleistete Arbeit, zur Freude, dass Frauen und Kinder in Not Zuflucht gefunden haben, aber auch ein Anlass zum Nachdenken – darin waren sich Christa Sammüller, Vorsitzende des SkF e.V. Südostbayern, die Grußredner Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer und der stellvertretende Landrat Josef Huber einig.

Christa Sammüller verband das Lob an die Leiterin des Frauenhauses und des gesamten Mitarbeiterinnenteams auch mit dem herzlichen Dank an alle Unterstützer und Kooperationspartner, die das Frauenhaus im letzten Vierteljahr begleitet haben. Besonders erfreut zeigte sich Sammüller über das Angebot der Ateliergemeinschaft Kunstmühle Kraftwerk. Die Künstlerinnen Brigitte Bosshammer, Andrea Eykman, Annette Krischer-Bacher und Angela Sans zeigten zeitgleich in einer Ausstellung im Bildungswerk ihre Werke, zehn Prozent des Verkaufserlöses gingen an den SkF. ,,Die Biografien dieser Frauen, die im Frauenhaus mit ihren Kindern Zuflucht suchen, dürfen uns nicht unberührt lassen!“, mahnte Oberbürgermeisterin Bauer.

Sie zollte den Mitarbeiterinnnen der Einrichtung hohen Respekt für ihre Arbeit, die sicherlich oft auch für sie an die Grenzen der psychischen Belastung gehen würde. ,,Ein Verdienst ihrer Arbeit ist es sicherlich auch, dass das Thema häusliche Gewalt aus dem Tabubereich herausgeholt wurde. Es ist dringend nötig, dass die Ursachen für diese Gewaltsysteme gefunden werden, Lösungen entwickelt werden können. Damit aus Töchtern, die in diesen Familien aufwachsen keine neuen Opfer werden, und aus den Söhnen keine neuen Täter!“, so Oberbürgermeisterin Bauer.

Tief betroffen zeigte sich auch der stellvertretende Landrat Josef Huber von der Problematik häusliche Gewalt. Er gestand zu, dass es wohl noch für manche ein ,,unbequemes Thema“ sei, nachdem die Gewalttaten im vermeindlich sichersten Umfeld, nämlich in den eigenen vier Wänden verübt werden. Er sicherte dem Frauenhaus auch weiterhin die Unterstützung des Landkreises zu. Und er brachte seine persönliche Ansicht angesichts der erschreckenden Fallzahlen auf den Punkt: ,,Es ist eine Schande, dass es so ein Haus braucht, aber es gut, dass es dieses Haus gibt!“

Häusliche Gewalt trifft viele Frauen…

Katharina Oberländer vom Frauenhaus Rosenheim zeichnete in ihrem Vortrag einen kurzen Abriss des Themas und warf dabei einen differenzierten Blick auf die Auswirkungen auf die unterschiedlichen Generationen: ,,Häusliche Gewalt ist eine der weltweit häufigsten Verletzungshandlungen, kommt in allen Kulturen, Bildungs- und Einkommensgruppen vor und betrifft Frauen jeder Altersstufe“.

Eine repräsentative Umfrage von Frauen zwischen 18 und 72 Jahren in Europa habe ergeben, dass jede dritte Frau in ihrem Leben mindestens einmal häusliche Gewalt erfahren habe. ,,Sie kennt keine Grenzen, das fängt bei Grenzüberschreitungen an und kann bis zum Mord führen. Mit unserer Feier wollen wir diese Problematik in unser aller Blickfeld rücken und Täter und Betroffene ermutigen, sich frühzeitig Hilfe zu holen, um lebensbedrohliche Eskalationen zu vermeiden“, so Katharina Oberländer.

… und auch ungeborene Kinder

Betroffen von häuslicher Gewalt seien, so die Referentin, bereits die ungeborenen Kinder: Bei Frauen, die während ihrer Schwangerschaft Gewalt ausgesetzt sind, erhöhe sich die Rate der Frühgeburten um das vierfache, die Rate der Fehlgeburten um das dreifache. Babys und Kleinkinder erleben den Schrecken mit, ohne das Erlebte in Worte fassen zu können, sind unfähig ihre Traumata sprachlich auszudrücken. Kindergartenkinder dagegen würden oftmals unter einem inneren Druck ,,Es ist meine Schuld“ oder ,,Es ist ein Geheimnis“ schwer leiden. Sie kann man, wie allen anderen Betroffenen auch, nur ermutigen, einen Ratschlag aus dem preisgekrönten und sehr bewegenden Kurzfilm ,,Wutmann“, der im Anschluss gezeigt wurde, zu befolgen: ,,Sag es weiter!“

Die sechs- bis zwölfjährigen Kinder würden sehr häufig Schuldgefühle entwickeln, die väterliche Gewalt selbst verursacht zu haben oder die Mutter nicht ausreichend geschützt zu haben; bei Teenagern beeinträchtige das nachhaltige Erleben von Gewalt zuhause nicht selten ihre eigenen Fähigkeiten zur gewaltfreien Gestaltung der eigenen Partnerschaft.
Über die Auswirkungen und insbesondere die Hilfsmöglichkeiten betroffener Familien diskutierten zum Abschluss der Festveranstaltung unter der Leitung von Silvia Stock, Christof Furtwängler von der Männerberatung Südostbayern des Diakonischen Werks, Karl Brückner, Leiter der Erziehungsberatungsstelle Caritas Rosenheim und die Leiterin des Frauenhauses Brigitte Steiner.

Hilfsangebote vernetzen

Einig war man sich auf dem Podium, dass sie optimale Vernetzung sämtlicher Hilfsangebote der unterschiedlichen Institutionen und Ämter, vom Frauenhaus, Polizei, Justiz, Jugendamt bis hin zu Beratungsstellen, die Basis für eine wirksame Hilfe ist.

Diese Kooperation laufe in Rosenheim sehr gut, ein wichtiges Bindeglied sei hier der ,,Runde Tisch häusliche Gewalt“, der 1999 auf Initiative der damaligen Rosenheimer Gleichstellungsbeauftragten Renate Heilmann eingerichtet wurde.
 Franziska Finsterwalder

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